Samstag, 13. Dezember 2014

Billy Corgan: Klatschen mit einer Hand



Im 20. Jahr nach seinem größten Triumph hat der Amerikaner Billy Corgan seine Band Smashing Pumpkins neugegründet - sie klingt wie damals.

Mit 33 Jahren hatte William Patrick Corgan seinen Abschied eingereicht. Ein neues Jahrtausend brach gerade an, da passte das. Ein letztes Album noch und einmal noch auf Tour, das sollte es gewesen sein für den Mann aus Chicago, der Mitte der 90er Jahre in einem Doppelschlag die komplette Rockgeschichte auf einen Punkt gebracht hatte. „Mellon Collie and the Infinite Sadness“ hieß das Mammutwerk, das aus Corgans kleiner Grunge-Band Smashing Pumpkins eine Kapelle machte, die auf Augenhöhe mit den Beatles, Led Zeppelin und The Who musizierte. 28 Stücke, laut und leise, sanft und wild, hochjauchzend und zu Tode betrübt, melodiös, ekstatisch, barock und weltweit 16 Millionen Mal verkauft.

Höher als auf den Everest der Hitparaden vermag ein Musiker nicht zu steigen, für immer bleiben aber kann er auch nicht. Corgan, der sich nur Billy nennen lässt, brach vom Gipfel des frühen Ruhmes zu einem langen Abstieg auf, der zeitweise einer heillosen Flucht glich. Die Mitmusiker gingen nach und nach. Der Bandname verschwand. Corgan nannte sich nun „Zwan“ und „Starchildren“, er machte Filmmusik für Rupert Wainwright und anstelle des wegen fortgesetzter Drogenprobleme suspendierten Langzeit-Schlagzeugers Jimmy Chamberlin klopfte ein Drum-Computer den Beat.

Das schnelle Ende einer jungen Legende. Wenn Billy Corgan noch Konzerte spielte, dann erinnerte das größte Songschreiber-Talent der Generation Grunge an einen bockigen Teenager. Er schor sich eine Glatze, zerstörte seine Melodien, persiflierte das Pathos seiner größten Hits und aus hübschen Liedern wie „Zero“ oder „Disharm“ wurden Ausbrüche an kakophonischem Lärm. Zwar kehrte Corgan nur fünf Jahre nach der Beerdigung der Smashing Pumpkins zu seinem Markennamen zurück. Außer dem nun drogenfreien Jimmy Chamberlin war kein anderes Originalmitglied mehr mit von der Partie. Aber das mit großem Aplomb veröffentlichte Album „Zeitgeist“, hergestellt mit Queen-Hofproduzent Roy Thomas Baker, brachte nur noch mehr krachendes Getöse mit noch weniger Inhaltsstoffen.

Corgan, Sohn eines Blues-Gitarristen und erklärter Wrestling-Fan, musste noch einmal ganz aus dem Musikgeschäft verschwinden, um nun mit seinem achten regulären Album an die Großtaten der Blütezeit anknüpfen zu können. Ursprünglich nämlich hatte „Monuments to an Elegy“ überhaupt nicht als CD erscheinen sollen. Corgan plante stattdessen, sein Konzeptwerk „Mellon Collie“ digital zu überholen: Eine noch gigantischere Songsammlung namens „Teargarden by Kaleidyscope“ mit 44 Songs sollte nur im Internet veröffentlicht werden, kostenlos für alle zudem. „Als ich das Projekt begonnen habe, wollte ich wieder zum Narren werden, indem ich mich nicht um Verkäufe, mein Image oder die Besetzung der Band kümmerte und einfach nur Musik machte“, beschreibt er.

Für den inzwischen 47-Jährigen, geboren in Elk Grove, Illinois, die Rückkehr zur reinen Kunst ohne kommerzielle Absicht. Für den Musikmarkt ein einziger Humbug. „Die Leute haben die Musik nicht heruntergeladen, obwohl sie kostenlos war“, klagt Corgan heute.

Viele hätten einfach nicht mitbekommen, dass es die Songs gab, weil nirgendwo Werbung dafür gemacht wurde. „Und ich wollte nicht weiter Musik wegwerfen, die sich keiner anhört.“
Also sind die neun Stücke von „Monuments to an Elegy“ doch wieder als herkömmliche CD und als Download bei iTunes und den anderen Musikshops erschienen. Zum Glück, denn was Corgan gemeinsam mit seinen derzeitigen Gehilfen Jeff Schroeder an der Gitarre, Nicole Fiorentino am Bass und Mötley-Crüe-Drummer Tommy Lee an den Drums angefertigt hat, ist endlich wieder echter Kürbis-Stoff: Hymnen auf die Traurigkeit, Elegien der Sehnsucht.

Ja, der große Eigensinnige klatscht allein und er klatscht auch nur noch mit einer Hand. Aber es ist alles da, was Lieder wie „Cherub Rock“ zu Klassikern hat werden lassen. Corgans nöliger Gesang der aus straff gespannten Stimmritze. Die orchestralen Gitarren. Die hochfliegenden Melodien, durch die sich rätselhafte Texte schlängeln. „Tiberius“, benannt nach dem römischen Kaiser, ist ein Liebeslied, die Single „Beige Beige“ die Beschwörung eines Weltbrandes. „I will bang this drum to my dying day“, singt er, denn kleiner hat er es nicht, der Mann, der von sich sagt, er lebe nicht in der Realität, hasse aber Sentimentalitäten. Da lächeln alle Fans, die die 90er Jahre mit seinem größten Hit „Today“ im Ohr verbracht haben.

Zur Webseite der Band: smashingpumpkinsnexus.com

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