Dienstag, 26. Mai 2015

Schlachthof Halle: Zerbrochene Fenster, brennende Altlast

Die "Broken Windows"-Theorie von James Q. Wilson und George L. Kelling beschreibt einen Vorgang, nach dem Ansätze von Verluderung und Verslummung, eben etwa das zerbrochene Fenster in einem leer stehenden Haus, binnen kurzer Zeit dazu führen können, dass völlige Verwahrlosung und Zerstörung eintritt.

Ein Phänomen, das sich am Alten Schlachthof in Halle seit Jahren bestätigt. Seit Ende der 90er Jahre eine letzte öffentliche Veranstaltung in dem mehr als hundert Jahre alten Gemäuer stattfand, zerfallen die wunderbaren Ziegelsteingebäude auf dem ausgedehnten Gelände direkt an den Gleisanlagen der Bundesbahn ungestört. Der Schlachthof ist das Zuhause von Graffitimaler und abenteuerlustigen Kindern, Autodiebe lagern hier aussortierte Karossen, wer abzuladen hat, bringt ihn an diesen Platz, wo die Seelen gemeuchelter Schweine durch die Hallen geistern.


Es gab immer wieder ehrgeizige Pläne, das Terrain zu retten. Zuletzt wollte eine Genossenschaft um Richard Schmid, einst Mitbegründer der Grünen und des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac, hier ihre Vision einer völlig neuen Art von Zusammenleben umsetzen. Ein mitmenschliche "Wohnmaschine“ sollte gemeinschaftliches Leben gegen sechs Stunden Gratisarbeit für jeden Bewohner im Monat in Küche und Wäscherei ermöglichen, nachhaltig und energiesparend.

Der Weg aber ist weit, zu weit vielleicht angesichts des anhaltenden Desinteresses bei der Stadtverwaltung und der inzwischen wöchentlich auflodernden Mode, Brände im Alten Schlachthof zu legen. Die Facebook-Seite der Initiative ist seit einem halben Jahr verwaist, da "der Verkauf des Gelände an eine Inkassogesellschaft das weitere Nachdenken und Gestalten des Projekts schwierig oder sogar undurchführbar" macht, wie die Initiatoren in einer Art Schlusswort schreiben.

Bis zu vier Millionen Euro Altschulden lasten auf dem Grundstück, die Stadt sitzt zudem auf Grundsteuernachforderungen in Höhe von einer halben Million Euro. Ein Gewicht, das alle hochfliegenden Pläne am Boden hält. Und die Feuerwehr beschäftigt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen