Freitag, 25. März 2016

Honecker in Halle: Der Mann, der den Kumpeln Kraft spendet

So war es damals wirklich, zumindest nach dem Bericht, den ein interessierter Betrachter des Films über Erich Honeckers Besuch in Halle im März 1980 mir zugeschickt hat. Es sind Episoden während der Fahrt des Generalsekretärs durch Städte und Dörfer des Bezirkes, die in einer Parallelwelt stattgefunden haben, von der kaum ein DDR-Bürger etwas wusste.


Günthersdorf, 9.25 Uhr: Die freudige Stimmung der zu beiden Seiten der Autobahnatafahrt in dichtem Spalier stehenden Menschen hatte in Erwartung des lieben Gastes von Minute zu Minute zugenommen. Jetzt hat sie ihren Höhepunkt erreicht.


Der Wagen, in dem Genosse Erich Honecker Platz genommen hat, nähert sich, verlangsamt seine Fahrt, hält an. Genosse Erich 
Honecker steigt aus, lacht, winkt nach allen Seiten. Ihm folgt Genosse Günter Mittag, Mitglied des Politbüros und Sekretär des Zentralkomitees.

Genosse Werner Felfe, Mitglied des Politbüros und 1. Sekretär der Bezirksleitung Halle der SED, begrüßt den Generalsekretär mit herzlichen Worten in unserem Bezirk. Jubel brandet auf, ein Sprechchor: "Unser Genosse Erich Honecker er lebe hoch! hoch! hoch!"

Kumpel, Genossenschaftsbauern, Generaldirektoren und Werkleiter berichten Erich 
Honecker in Anwesenheit von Gustav Waschkowitz, 1. Sekretär der Kreisleitung Merseburg, über neue Zielstellungen im Kampf um hohe Zuwachsraten im Sinne der 11. Tagung des Zentralkomitees. Fröhlicher Beifall, als Genossenschaftsbäuerinnen als Willkommensgruß Körbe mit landwirtschaftlichen Produkten überreichen.

Erich Honecker dankt freudig bewegt für diesen Empfang. "Wir haben alle Voraussetzungen", sagt er, "voller Optimismus unserem X. Parteitag entgegenzugehen. Glück auf! Und auf Wiedersehen!"

"Wir alle sind stolz, dabeigewesen zu sein", sagt Lothar Andrae, Arbeiter in der Brikettfabrik Beuna. "Diese Begegnung mit Genossen Erich Honecker hat uns weitere Kraft verliehen." Das haben sich die Kumpel des BKK Geiseltal für 1980 u. a. vorgenommen: 2.4 Tage Planvorsprung; 8,5 Prozent Steigerung der Arbeitsproduktivität.

Bernd Hirschelmann und Georg Böhmer, die mit ihrer Jugendbrigade "Junge Garde" aus dem Tagebau herübergekommen sind, um den Generalsekretär herzlich willkommen zu heißen.
1979 waren die jungen Bergarbeiter zum Jugendfestival in Berlin als "Hervorragendes Jugendkollektiv der DDR" ausgezeichnet worden. Diesem verpflichtenden Namen wollen sich die 19 Brigademitglieder würdig erweisen und sich mit besten Arbeitsleistungen bei der Erfüllung der großen Aufgaben des BKK Geiseltal als Prirnärenergieträger sowie bei der Versorgung der Bevölkerung, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen bewähren.

9.45 Uhr: Aus Richtung Zöschen kommend, nähert sich der Konvoi. Unter Jubelrufen und herzlichem Beifall winken die Einwohner Genossen Erich Honecker auf seiner Fahrt nach Merseburg zu.

Merseburg, 9.50 Uhr: Die Wagenkolonne hat den nördlichen Stadtrand erreicht, passiert den Marx- Engels-Platz in Richtung Thomas- Müntzer-Ring. Tausende Werktätige, Studenten der TH, Lehrlinge und Schüler säumen erwartungsvoll die Straßen, um Erich Honecker herzlich zu begrüßen.



Unter ihnen Merseburgs Bürgermeister Heinz Wagner, der stolz darauf ist, daß die fleißigen Bürger seiner Stadt mitten im ..Frühjahrsputz" stecken und dem hohen Gast ein Bild präsentieren, das erkennbar macht, wie angenehm es sich hier wohnen Und leben lässt. "Der Generalsekretär unserer Partei weiß ja, welche Anstrengungen die Merseburger in den letzten Jahren unternommen haben, zwischen den Chemiegiganten Leuna und Buna eine grüne Oase zu schaffen.

Das farbenprächtige Spalier der Menschen gerät in Bewegung. Der FDJ-Fanfärenzug der IMO Merseburg grüßt musikalisch, Sprechchöre erschallen: ...Hoch soll er leben!"

Genösse 
Honecker winkt und grüßt lachend zurück. Christa Bluhm, eine junge Frau, sagt freudestrahlend: "Ich wollte doch Erich Honecker einmal ganz persönlich sehen." Und Richard Kindervater von der AWG "Aufbau" drückt aus, was jeder empfindet: "Das war ein großer Augenblick für uns alle!"

Am Buna-Tor, 10.02 Uhr: Tausende Angehörige des größten Plaste- und Elasteproduzenten der Republik bilden ein dichtes Spalier. Die FDJler präsentieren mit Stolz die Ehrenbänner des Zentralkomitees der SED, die die besten Grundorganisationen zum 30. Jahrestag der Republik erhalten hatten. Auf Transparenten sind neue Verpflichtungen zu lesen.

Dann ist es soweit. Die Köpfe mit den blauen, gelben und weißen Helmen recken sich. Jeder möchte natürlich den Generalsekretär aus nächster Nähe sehen. Hochrufe auf das Zentralkomitee und seine kluge Politik zum Wohle des Volkes ertönen.

Im Namen der Kommunisten und der 20 000 Beschäftigten des Kombinates wird Erich 
Honecker von Walter Kitzing, 1. Sekretär der SED- Kreisleitung, und Generaldirektor Dr. Helmut Pohle, herzlich willkommen geheißen. Einen Strauß roter Nelken überreicht Astrid Witthuhn aus der Betriebsberufsschule. Die 23-jährige Lehrmeisterin kämpft wie alle 1289 Lehrlinge und FDJ-Mitglieder der Ausbildungseinrichtung um ein Mandat zum Deutsch-sowjetischen Jugendfestival im Mai in Karl- Marx-Stadt. "Dafür ist der Besuch des Generalsekretärs der richtige Ansporn", ist von ihr zu erfahren.

Inzwischen entbieten die Tausende Erich Honecker und den ihn begleitenden Persönlichkeiten ihren Willkommensgruß. Auf dem kurzen Weg zu den bereitstehenden Bussen kommt es zu ersten freundschaftlichen Gesprächen des Generalsekretärs mit Kolleginnen und Kollegen des Kombinats.
Waggonbauer brüderlich mit der Sowjetunion verbunden.

Halle-Ammendorf, 15.38 Uhr: Nach dem begeisternden Meeting im VEB Chemische Werke Buna bereiten Zehntausende Bürger der Stadt Ha21e vom Ammendorfer Rathaus an entlang der Leninallee unserem Genossen Erich 
Honecker und den ihn begleitenden Persönlichkeiten von Partei- und Staatsführung einen überaus herzlichen Empfang.

Am VEB Waggonbau Ammendorf bilden Werktätige des Betriebes, Pioniere, FDJler und viele Bürger ein dichtes Spalier; unter ihnen auch die Schweißerin Monika Förster, eine junge Kandidatin der SED. Sie sagt: "Wir freuen uns sehr über den Besuch des Genossen 
Honecker. In unserem Bereich Rohbaumontage des VEB Waggonbau wollen wir die Normzeit um ein Prozent unterbieten, um den Exportplan des Betriebes mit zu sichern."

Parteigruppenorganisator Roland Kühn fügt hinzu; "Unser Betrieb ist seit vielen. Jahren eng mit der. Sowjetunion verbunden. Mehr als 800 Weitstreckenwagen werden wir in diesem Jahr für unsere sowjetischen Freunde bauen. Von unserem Bereich F 5 ging deshalb die Initiative der persönlichen Planangebote aus, die in den nächsten Tagen in allen Bereichen diskutiert wird."
FDJler der EOS "Bertolt Brecht" hatten am Straßenrand einen kleinen Solidaritätsbasar mit Souvenirs aufgebaut.


Thälmannplatz, 15.58 Uhr: Herzliche Begrüßung des Genossen 
Honecker durch den 1. Sekretär der Stadtleitung Halle, Genossen Fritz Ewelt, und Oberbürgermeister Hans Pflüger. Mit roten Nelken heißt der FDJ-Sekretär des VEB Halloren, Cornelia Rösler, den Staatsratsvorsitzenden und Generalsekretär unserer Partei herzlich willkommen. fünfjährige Tochter Susanne auf dem Arm. 

"Sehr herzlich willkommen in Halle, das möchten Ihnen hier alle persönlich sagen", begrüßt sie Genossen Honecker, "und vielen Dank für die große Arbeit, die Sie für die Menschen in unserem Land leisten," Die junge Frau, Mutter von zwei Kindern, ist Helferin im Kindergarten Beyschlagstraße des Fernsehgerätewerkes und wohnt in einer der schönen Wohnungen am Thälmannplatz.

Immer wieder Händeschütteln und Hochrufe. Jung und alt drängt nach vorn. Kurzer Aufenthalt vor der Kaufhalle Thälmannplatz. Die stellvertretende Verkaufsstellenleiterin Erika Schröter versichert Genossen Honecker, dass ihr Kollektiv alle Anstrengungen unternimmt, die Versorgungsaufgaben stets gut zu erfüllen, "Bei so fleißigen Frauen kauft man sicher gern ein", erwidert der hohe Gast und wünscht dem Kollektiv weiterhin viel Erfolg in seiner verantwortungsvollen Arbeit.

Kaum 100 Meter weiter werden die Gäste von einem Kollektiv des Kaufhauses "Herrenausstatter" herzlich begrüßt. Fachverkäuferin Lilo Falkenstein wünscht angenehmen Aufenthalt in der Saalestadt und berichtet, wie das Kaufhauskollektiv alle Anstrengungen unternimmt, die guten Ergebnisse seiner Arbeit weiter zu verbessern. "Alles Gute für eure Arbeit und euer persönliches Leben", wünscht Genosse Honecker.

Es ist fast unmöglich, in dieser sonst schon von regem Leben beherrschten Straße vorwärts zu kommen. Am Kaufhaus "Jugendmode" begrüßt Cornelia Politz im Namen dieses "Hervorragenden Jugendkollektivs der DDR" den Generalsekretär unserer Partei. Sie schildert kurz, wie die FDJler hier die Beschlüsse der 11. Tagung des Zentralkomitees Verwirklichen helfen.

Im Zentrum der Stadt angelangt, betrachtet Genosse 
Honecker interessiert den Marktplatz der alten Saalestadt. Winkend verabschiedet er sich von den Passanten.

Moritzburg, 16.34 Uhr: Erwartungsvolle Stimmung auf dem Platz vor der Moritzburg. Nahezu 5000 Hallenser sind gekommen. Flotte Marschmusik, gespielt vom Standortmusikkorps des Mdl, erklingt, als die Delegation vorfährt. Beifall brandet auf, als Genosse Honecker winkend zum Innenhof der Moritzburg hinübergeht. Hochrufe auf das Zentralkomitee der Partei und seinen Generalsekretär ertönen auf dem Burghof.

Singegruppen der EOS "Adolf Reichwein" "und "Thomas Müntzer" entbieten Genossen Honecker einen stimmungsvollen Willkommensgruß. Mehrfach begrüßt er mit einem herzlichen Händedruck Schüler im Blauhemd,

Am Ende des Spaliers wendet sich der Generalsekretär dem Schalmeienorchester des BMK Chemie zu, das zu seiner Begrüßung aufspielt. "Wirklich eine ausgezeichnete Musik", sagt Genosse Honecker und bedankt sich mit Handschlag beim Orchesterleiter, dem Kraftfahrer Dietmar Körner. Tausende winken dem Generalsekretär zu: "Auf Wiedersehen, Genosse Honecker!"

1 Kommentar:

  1. Bericht aus der "Freiheit" ? Liest sich jedenfalls so. Warst Du dort mal Redakteur?
    Ich lese gerade viele Deiner Geschichten. Hochinteressant!!!

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