Samstag, 16. Dezember 2017

Internet am Ende: Klappe zu, Zukunft tot



Aus dem offenen Internet der Vergangenheit ist durch die Megakonzerne ein System aus geschlossenen Netzwerken geworden. Die Freiheit ist online auf dem Rückzug

Als Mark Zuckerberg vor 15 Jahren den Programmcode für Facemash schrieb, wäre vielleicht noch etwas zu retten gewesen. Doch als Zuckerberg dann in einer Februarnacht des Jahres 2004 Facebook anschaltete, war es zu spät. Der 19-jährige Programmierer, kein besonders ehrlicher Mensch, kein besonders beliebter und auch keiner, der seinen Kommilitonen bis dahin besonders positiv aufgefallen wäre, hatte die Welt ein für allemal verändert. Und das, was wir bis heute "Internet" nennen, wirksam zerstört.

Denn seit Facebook seinen Erfolgszug angetreten hat, ist nichts mehr wie vorher. Sollte das www, wie das Internet eigentlich richtiger genannt werden müsste, ursprünglich ein Ort sein, an dem alle Informationen für jedermann frei zugänglich sind, miteinander verbunden durch Trillionen von Querverweisen, so setzte mit der Geburt von Zuckerbergs Baby ein anderer Trend ein. Statt einer offenen, weiten Landschaft, durch die jeder gehen konnte, gern auch anonym und unerkannt, wurden nun Burgen gebaut, Schlösser und Städte, in denen nur angemeldete Besucher geduldet werden. Manchmal ist, wie beim Kurznachrichtenportal Twitter, reinschauen noch erlaubt. Andere Netzwerke aber schotten sich komplett ab.

In ist, wer drin ist. Wer draußen steht und neugierig guckt, der möge sich anmelden, seine Kreditkartendaten hinterlegen und dann erst darf er mitmachen.

Ein Konzept, das nicht auf freien Fluss von Informationen zielt, sondern auf die Vermarktung von Daten und die Monetarisierung von Inhalten. Wer seine Kunden so gut kennt wie Facebook, Google, LinkedIn oder Twitter, der kann Werbepartnern maßgeschneidertes Publikum für ihre Kampagnen bieten. Die geben ihre Budgets dann mit dem ruhigen Gewissen aus, genau die Zielgruppe zu treffen, der sie ihre Produkte verkaufen wollen.

Das offene Netz mit seiner wabenartigen Struktur kann da nicht mehr mithalten. Auch hier schon strömte immer alles auf den größten Haufen, damals bei Yahoo, bei Myspace oder ICQ. Doch so mächtig wie die drei großen westlichen Webkonzerne Google, Facebook und Amazon und ihre asiatische Konkurrenz von Alibaba, Samsung, Tencent und Baidu waren in der Geschichte der Menschheit noch nie einzelne private Unternehmen.

War früher der Internet-Browser das Tor zu allen Diensten im Netz, so braucht es seit der Erfindung der App selbst den nicht mehr. Statt offener Türen in alle Richtungen hat das neue soziale Netz nur noch eine Öffnung - die zum Angebot des Herstellers der App, die nichts anderes ist als die Lesezeichen, die Menschen früher in eine Browserleiste legten. Nur dass sie jetzt den Desktop belegen und Nutzer dazu erziehen, das anzuklicken, was da ist, und nicht nach Dingen zu suchen, die es nicht sind.

Das Internet wird nach Ansicht des US-Forschers André Staltz so zum "Trinet": Suchen bei <>, Kaufen bei Amazon, Unterhalten bei Facebook. Google und Facebook zusammen erzeugen heute 70 Prozent des Datenverkehrs in Nordamerika, dazu kommt das Netzkino Netflix und Amazons Kinodienst prima. Das Internet mit seinen unzähligen Quellen ist, verglichen mit der Menge an Daten, die heute aus den Clouds der großen Tech-Konzerne abgerufen werden, nur ein winziger Zwerg, der kaum noch relevant ist.

Schuld sind die Nutzer, die Freiheit für Bequemlichkeit opfern. Am besten zu sehen ist das bei Facebook, das für viele kein Netzwerk aus zufälligen Einträgen und einer geheimnisvollen ordnenden Hand ist, sondern ein Informationsmedium. Etwa ein Drittel der Klicks auf Links hier bleibt innerhalb der Facebook-Welt hängen - Facebook-Nutzer verweisen auf Facebook-Posts, auf komplette eingestellte "Instant Articles" oder Bilder. 


Weil aber ohne die großen Netzwerke, vor allem ohne die Klickmaschine Facebook noch weniger Aktivität draußen ankäme, müssen Angebote aus dem noch freien Teil des Internets ihre Inhalte zwangsläufig in den Facebook-Katalog einstellen, weil hier die Zuschauer und Leser sind, die man auf seine eigenen Angebote hinweisen möchte. Reicht denen dann die zweizeilige Ankündigung einer Nachricht als Nachricht, profitiert nur Facebook vom eingestellten Teaser.

Das, was früher einmal das Internet war, eine Party, auf der jeder mittanzen durfte, der eine Idee hatte, für die sich viele Menschen begeistern ließen, wird so zu einer geschlossenen Veranstaltung, die sich im Trinet der Giganten abspielt. Dorthin fließt deshalb auch der Löwenanteil der Werbegelder, dort werden Gewinne eingefahren, deren Höhe es jedem Wettbewerber unmöglich macht, auf Augenhöhe aufzuschließen. Klappe zu. Und Zukunft tot.


Fefe beschreibt, wie weit der Einfluss von Google wirklich reicht

1 Kommentar:

  1. so langsam zieht sich die Schlinge der Großkonzerne, Lobbyisten, korrupten Politikern, Manipulatoren und Blendern, unaufhörlich und leise, zu...

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