Dienstag, 30. Januar 2018

Meister aus Halle: Der leise Tod einer Fussball-Legende

Werner Stricksner (Mitte) bei einem Spiel gegen Lok Leipzig im Jahr 1955, das am Ende 2:2 ausging.

Turbine Halle ist der letzte DDR-Fußballmeister, den Halle hatte. Und auch wenn Werner Stricksner damals im historischen Jahr 1952 nur ein einziges Spiel an der Seite von Legenden wie Herbert Rappsilver, Heinz Schleif, Horst Ebert I, Walter Schmidt, Otto Knefler und Erich Haase machte, war der 1926 geborene Hallenser doch Teil der legendären Meistermannschaft. Stricksner erlebte den histroischen 2:1-Auswärtssieg bei Turbine Erfurt, der die Meisterschaft perfekt machte, nicht auf dem Platz. Doch tausende mitgereiste Anhänger feierten auch den 25-Jährigen als Teil der bis heute letzten Fußballelf aus Halle, die eine Spielzeit einer höchsten Liga als Tabellenführer abschloss.




Deren Ende kam allerdings schneller als gedacht. Turbine rutschte erst ins Mittelmaß, dann kam aus der Parteibürokratie die Anweisung, dass die Oberligamannschaft zum neugegründeten Sportclub Chemie Halle-Leuna wechseln müsse. Es brauchte angeblich 34 Sitzungen, bis die widerstrebenden Spieler mit Druck und guten Worten und der Drohung, sonst nie wieder Oberligafußball spielen zu dürfen, bereit waren, Turbine zu verlassen und künftig für Chemie Halle-Leuna aufzulaufen. Auch Stricksner, der nach seinem Debüt noch weitere sieben Spiele für Turbine machte, spielte nun für Chemie. Er kam auf weitere 18 Oberligapartien - weniger als seine Namensvettern Diethart und Lothar, denn es lag von Anfang an kein Segen auf der von oben herbeigepressten Neugründung, die schon ein Jahrzehnt später erneut umgebaut und zum bis heute existierenden Halleschen FC wurde.

Schon am 24. April 1955 machte Chemie nach einer verheerenden Debütsaison sein letztes Oberliga-Spiel. Die Hallenser gewannen zwar mit 2:1 gegen den Armeeverein ZSK Vorwärts Berlin. Aber der Abstieg war amtlich. Auch in der Liga, in der Werner Stricksner zum Stamm gehörte, der den sofortigen Wiederaufstieg schaffen sollte, rangierte die junge Sockoll-Elf lange nur auf Platz 2 hinter dem Favoriten aus Jena.

Erst als der vor 25000 Zuschauern mit 4:2 aus dem halleschen Kurt-Wabbel-Stadion geschossen wurde, durften die Heuer, Klaus Hoffmann, Oelze; Bierbäum, Imhof; Lehrmann, Lehmann, Schmidt und Stricksner vom Aufstieg träumen. Im Dezember 1956 holten sich die Chemie-Fußballer dann durch einen 2:1-Sieg über Vorwärts Berlin vor 25 000 Zuschauern in Magdeburg dann auch noch sensationell den FDGB-Pokal. Unter Trainer Horst Sockoll lief neben Spielerlegenden wie Klaus Hoffmann, Robert Heyer, Wolfgang Knust, Werner Lehrmann, Walter Schmidt, Dieter Rauschenbach und Günter Imhoff auch Stricksner auf.

Der Abwehrrecke, der damit Meister und Pokalsieger war, beendete wenig später seine seine Spielerkarriere und wechselte auf die Trainerbank der Bezirks-Juniorenauswahl, der Nachwuchsabteilung des SC Chemie und der DDR-Juniorenauswahlmannschaft. Hauptberuflich als Sportlehrer tätig, trainierte Stricksner nebenher die Bezirksligaelf der BSG Motor Ammendorf. Mit der schnupperte der blonde Hallenser noch einmal Oberligaluft: Vor 1500 Zuschauern unterlag seine Elf 1962 im FDGB-Pokalspiel gegen den hochfavorisierten Meisterschaftsanwärter SC Empor Rostock.


Jetzt ist Werner Stricksner im Alter von 91 Jahren gestorben.


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