Sonntag, 17. Mai 2020

Mount St. Helens: Besuch einer Zeitbombe


Morgen jährt sich der 40. Jahrestag des Ausbruchs des Vulkans St. Helena, doch auf dem Berg ist heute nichts mehr von der Katastrophe von 1980 übrig. Nur das Grün um ihn herum verdankt die Landschaft dem Monster, das immer noch rumpelt. Man muss dort nicht hinaufgehen, so sind sie niocht, in den USA. Es gibt eine wunderschöne Straße, die durch eine der schönsten Landschaften der Erde führt. Schwarzer Asphalt glänzt in der morgendlichen Feuchtigkeit zwischen grünen Böschungen - der Mount St. Helens fasziniert seine Besucher, auch wenn sie ihn noch nicht erreicht haben.


Der Highway 504 führt als kurvenreiche und gut ausgebaute Bergstraße zum Johnson Ridge Observatory, dem Ort, zu dem alle Besucher kommen. Von hier aus haben Besucher einen perfekten Blick auf den Vulkan, der immer noch aktiv und deshalb eine tickende Zeitbombe ist. Unterwegs sollte man unbedingt einen Stopp im Lewis & Clark State Park einlegen, wo sich noch Reste der sehr alten Bäume befinden, die große Flächen bedeckten, bevor die Lava kam und alles wegbrannte. Wenn ein bisschen mehr Zeit ist, ist auch noch ein Ausflug in das Naturschutzgebiet Nisqually National Wildlife Refuge drin. Hier warten Feuchtgebiete, in denen Vögel fast symphonisch singen.


Aber das Hauptziel für Millionen von Menschen von nah und fern ist natürlich der Vulkan, ein 2.539 Meter hoher Gipfel, der die umliegenden Bergrücken um ganze 1.100 Meter überragt. Der Vulkankegel hat einen Durchmesser von 10 Kilometern, er ist mehr als 40.000 Jahre alt. Damals suchte erstmals Magma aus dem Erdinneren unter großem Druck nach einem Ausgang. Seitdem hat der Mt. St. Helens insgesamt neun große Eruptionsphasen erlebt, die zwischen 5.000 und weniger als 100 Jahren dauern, mit Schlafperioden zwischen 15.000 und etwa 200 Jahren.


Der Aufstieg ist also relativ sicher, da der Vulkan für die nächsten 150 Jahre still bleiben dürfte. Wenn man am Johnston Ridge Observatory angekommen ist, führt der beste Weg weiter zu einer Wanderung auf dem berühmten Eruption Trail. Dieser Pfad bietet eine fantastische Aussicht auf die Eruptionszone und den Krater und wimmelt im Sommer von rosa Lupinen und anderen Blumen. Zu anderen Jahreszeiten wird die Umgebung von der kargen Schönheit einer vulkanischen Landschaft beherrscht, die ausgebrannt und mit Bimsstein bedeckt ist.

Seit 1980 ruht der Vulkan - aber er schläft nur. Seit St. Helens am 18. Mai vor 40 Jahren um genau 8.32 Uhr explodierte, scheint der Berg nur noch wenig Dampf zu haben. Genau wie die mehr als 100 Jahre vor dem Mai 1980 - doch genau dann kam der schlimmste Vulkanausbruch in der jüngeren Geschichte der USA: Die oberen 400 Meter des damals noch 2.949 Meter hohen St. Helens flogen in die Luft und die größte Lawine aller Zeiten raste ins Tal, so dass selbst in elf Kilometer Entfernung Hügel von 400 Metern Höhe kein Hindernis für die wuchtig heranrollenden Gesteinsmassen darstellten.

600 Quadratkilometer Wald wurden damals zerstört, Schlammlawinen rissen 23 Brücken weg, 300 Kilometer Straße verschwanden. Eine Aschewolke stieg auf, wie sie der Kontinent noch nie zuvor gesehen hatte: Nur 30 Minuten nach dem Ausbruch maß sie 64 mal 48 Kilometer und bewegte sich mit 100 Stundenkilometern nach Osten, um den Tag in eine Nacht zu verwandeln.


57 Menschen starben an diesem Tag auf St. Helens - trotz der isolierten Lage im dünn besiedelten Südosten des Bundesstaates Washington, trotz aller Warnungen von Experten, die den Berg nach dem ersten Grollen drei Monate zuvor rund um die Uhr beobachtet hatten. Seitdem sieht der Berg nicht mehr so aus wie damals, als sie ihn "Amerikas Fujijama" nannten. Der verheerende Ausbruch hat auch viele Spuren menschlicher Besiedlung weggerissen, die im 5. Jahrtausend v. Chr. begonnen hatte. Völker wie die Klickitat und die Binnen-Salish ließen sich damals hier nieder, obwohl sie wussten, wie gefährlich das war. In ihren Sprachen nannten sie den Berg Loo-Wit Lat-kla oder Louwala-Clough (Feuerberg oder rauchender Berg) und sie erwarteten immer, dass er wütend sein würde. Aber sie wussten auch: Das Leben würde danach stets weitergehen.