Sein Kapital ist das Gesicht, aus dem er so fassungslos und entsetzt, so gleichgültig und ernsthaft zugleich gucken kann. Olaf Schubert, hoher Scheitel, Fusselhaar und über dem schmächtigen Brustkorb den unerlässlichen Pullunder, staunt dann in die Runde, die meist gerade brüllend lacht. Lacht über etwas, das Schubert gerade gesagt hat. Aber kann das sein? Dass Menschen sich vor Vergnügen ausschütten wollen, nur weil er einen durch ein Delta an Nebensätzen mäandernden Monstersatz nach viermal durchatmen und dreimal neu ansetzen zu einem glücklichen Ende gebracht hat?
Es hat eine ganze Weile gebraucht, bis Olaf Schubert, der eigentlich Michael Haubold heißt, es geglaubt hat. Bis dahin tourte der gebürtige Plauener, der heute neben Cindy aus Marzahn, dem Eisleber Duo Elsterglanz und dem Dresdner Uwe Steimle zu Ostdeutschlands Comedy-Elite gehört, mit seiner Band DekaDance durch die Lande. Schon diese Kapelle war nicht gänzlich ernst gemeint. Zum Programm gehörten Ausschweifungen über die Grenzen des guten Geschmacks hinaus, die Musiker trugen wundersame Verkleidungen und es wurde viel Unsinn erzählt. „Women back in the Kitchen“ sangen sie damals oder auch „Döbeln in the Sky“ und eine Bläsertruppe stieß dazu ins Horn, dass die Wände wackelten.
Bilder von damals zeigen Olaf Schubert in komischen Kittelschürzen, Lederjacken und Lindenberg-Hosen. Ein linkischer Kerl, dem der Schalk im Nacken sitzt. Es dauert denn auch ein halbes Jahrzehnt, bis das humorige Talent des selbst ernannten „Mittlers zwischen Kunst und Sozialabbau“ auch außerhalb der kleinen Säle entdeckt wird, in denen DekaDance auftreten. Hatte der Künstler seine ersten Jahre noch als ruhelos Reisender zwischen kleinen Klubs verbracht, in denen er seine abstrusen Protestgedichte und Aktionshörspiele mit hohem Einsatz, aber gegen ein geringes Salär vortrug, öffneten sich mit Beginn des neuen Jahrtausends die großen Tempel des deutschen Humors bis weit hinüber in den humortechnisch immer noch abgeschirmten Westen.
Schubert, der seine Hörspiele traditionell im halleschen Überschall-Tonstudio von „Zorn“-Autor Stephan Ludwig einspielt, gastiert seitdem im „Quatsch Comedy Club“ und bei „Night Wash“, er heimst Kleinkunstpreise und anno 2008 schließlich sogar den Deutschen Comedypreis als „Bester Newcomer“ ein. Dazwischen bespielt der Sachse Open-Air-Arenen wie die Pferderennbahn in Halle.
Ungeachtet des Umstandes, dass der Wahldresdner eine hochartifizielle Art von Humor pflegt, die von Anspielungen, unerwarteten Wendungen und gezielten Schlägen unter die Gürtellinie lebt, werden seine Bühnenprogramme nun zur besten Sendezeit im Fernsehen gezeigt. Zuletzt erst übernahm die ARD die vom MDR produzierte Fernsehshow „Olaf verbessert die Welt“, weil die überaus erfolgreich bei jungen Zuschauern ist.
Ebenso unverdrossen wie prinzipiell unverstanden steht Schubert nun dort auf der großen Bühne, im Scheinwerferlicht, immer noch begleitet von Bert Stephan, seinem alten DekaDance-Kollegen, und immer noch im Rauten-Pullunder, den, so will es die Legende, seine Oma ihm einst gestrickt hat. Olaf Schubert ist ein Star, ein Comedian, er spielt in der Liga von Dieter Nuhr, Mario Barth und Atze Schröder. Aber auf seine Art: Schubert sucht nach dem Tabu, um es grob zu verletzen, er ist politisch unkorrekt, beleidigend und unterwürfig zugleich und er verballhornt Begriffe und Bedeutungen, bis sie ganz neu erkennbar werden. Sich selbst nennt er deshalb stolz den „Rufer in der Wüste, Gegner der Finsternis und Vergewaltiger des Bösen“.
Der Spaßvogel in der Ostbaracke singt mit Gießkannenstimme und verhaspelt sich. Dann sattelt er den nächsten halben Satz und reitet ins Klischee, während die stets leicht verstellte Stimme in einem selbsterdachten weich dahinfließenden Bildungssächsisch Floskeln so lange aufbläst, bis sie begleitet von einem erstaunten „Oh!“ vor aller Augen platzen. Eine Kunstfigur, die noch mehr mit dem Mann dahinter verschmolzen ist als im Fall von Gilbert Rödiger und Sven Wittek, die nur alsDuo Elsterglanz wahrgenommen werden, und Ilka Bessin, die ihre erfolgreiche Kunstfigur „Cindy aus Marzahn“ erst vor wenigen Wochen aus Überdruss am Verwechseltwerden beerdigt hat.
Schubert, der kürzlich erst einen Feuerwehrschlauchfetischisten im neuen Film der Elsterglanz-Kollegen gespielt hat, wird für Schubert gehalten, die Erfindung. Nicht für Haubold, den Lenker, Denker und Texter hinter den Grammatik-Gebirgen und bizarren Zeitformverzerrungen, der öffentlich nie aus dem Schatten des „Wunders im Pullunder“ (Schubert über Schubert) tritt.
Nur so kann das Kunstkonzept Olaf Schubert funktionieren: Wenn die Person auf der Bühne das zu sein scheint, was sie zu sein vorgibt - ein an Selbstüberschätzung leidender Besserwisser, von nichts eine Ahnung, aber zu allem aussagebereit. Schubert schwätzt vom „erweiterten Infinitiv mit Kapuze“, von einer „Durchsetzung der deutschen Sprache mit Anglizismen, vor allem mit englischen“ und er erzählt von bizarren Begebenheiten aus seinem Alltagsleben als freischaffender „Betroffenheitslyriker“ (Schubert). Mit dem Lachen über ihn, der so verzweifelt versucht, so zu tun, als habe er alles im Griff, lachen die Leute immer auch über sich selbst.
www.olaf-schubert.de
www.objekt5.de
Es hat eine ganze Weile gebraucht, bis Olaf Schubert, der eigentlich Michael Haubold heißt, es geglaubt hat. Bis dahin tourte der gebürtige Plauener, der heute neben Cindy aus Marzahn, dem Eisleber Duo Elsterglanz und dem Dresdner Uwe Steimle zu Ostdeutschlands Comedy-Elite gehört, mit seiner Band DekaDance durch die Lande. Schon diese Kapelle war nicht gänzlich ernst gemeint. Zum Programm gehörten Ausschweifungen über die Grenzen des guten Geschmacks hinaus, die Musiker trugen wundersame Verkleidungen und es wurde viel Unsinn erzählt. „Women back in the Kitchen“ sangen sie damals oder auch „Döbeln in the Sky“ und eine Bläsertruppe stieß dazu ins Horn, dass die Wände wackelten.
Bilder von damals zeigen Olaf Schubert in komischen Kittelschürzen, Lederjacken und Lindenberg-Hosen. Ein linkischer Kerl, dem der Schalk im Nacken sitzt. Es dauert denn auch ein halbes Jahrzehnt, bis das humorige Talent des selbst ernannten „Mittlers zwischen Kunst und Sozialabbau“ auch außerhalb der kleinen Säle entdeckt wird, in denen DekaDance auftreten. Hatte der Künstler seine ersten Jahre noch als ruhelos Reisender zwischen kleinen Klubs verbracht, in denen er seine abstrusen Protestgedichte und Aktionshörspiele mit hohem Einsatz, aber gegen ein geringes Salär vortrug, öffneten sich mit Beginn des neuen Jahrtausends die großen Tempel des deutschen Humors bis weit hinüber in den humortechnisch immer noch abgeschirmten Westen.
Schubert, der seine Hörspiele traditionell im halleschen Überschall-Tonstudio von „Zorn“-Autor Stephan Ludwig einspielt, gastiert seitdem im „Quatsch Comedy Club“ und bei „Night Wash“, er heimst Kleinkunstpreise und anno 2008 schließlich sogar den Deutschen Comedypreis als „Bester Newcomer“ ein. Dazwischen bespielt der Sachse Open-Air-Arenen wie die Pferderennbahn in Halle.
Ungeachtet des Umstandes, dass der Wahldresdner eine hochartifizielle Art von Humor pflegt, die von Anspielungen, unerwarteten Wendungen und gezielten Schlägen unter die Gürtellinie lebt, werden seine Bühnenprogramme nun zur besten Sendezeit im Fernsehen gezeigt. Zuletzt erst übernahm die ARD die vom MDR produzierte Fernsehshow „Olaf verbessert die Welt“, weil die überaus erfolgreich bei jungen Zuschauern ist.
Ebenso unverdrossen wie prinzipiell unverstanden steht Schubert nun dort auf der großen Bühne, im Scheinwerferlicht, immer noch begleitet von Bert Stephan, seinem alten DekaDance-Kollegen, und immer noch im Rauten-Pullunder, den, so will es die Legende, seine Oma ihm einst gestrickt hat. Olaf Schubert ist ein Star, ein Comedian, er spielt in der Liga von Dieter Nuhr, Mario Barth und Atze Schröder. Aber auf seine Art: Schubert sucht nach dem Tabu, um es grob zu verletzen, er ist politisch unkorrekt, beleidigend und unterwürfig zugleich und er verballhornt Begriffe und Bedeutungen, bis sie ganz neu erkennbar werden. Sich selbst nennt er deshalb stolz den „Rufer in der Wüste, Gegner der Finsternis und Vergewaltiger des Bösen“.
Der Spaßvogel in der Ostbaracke singt mit Gießkannenstimme und verhaspelt sich. Dann sattelt er den nächsten halben Satz und reitet ins Klischee, während die stets leicht verstellte Stimme in einem selbsterdachten weich dahinfließenden Bildungssächsisch Floskeln so lange aufbläst, bis sie begleitet von einem erstaunten „Oh!“ vor aller Augen platzen. Eine Kunstfigur, die noch mehr mit dem Mann dahinter verschmolzen ist als im Fall von Gilbert Rödiger und Sven Wittek, die nur alsDuo Elsterglanz wahrgenommen werden, und Ilka Bessin, die ihre erfolgreiche Kunstfigur „Cindy aus Marzahn“ erst vor wenigen Wochen aus Überdruss am Verwechseltwerden beerdigt hat.
Schubert, der kürzlich erst einen Feuerwehrschlauchfetischisten im neuen Film der Elsterglanz-Kollegen gespielt hat, wird für Schubert gehalten, die Erfindung. Nicht für Haubold, den Lenker, Denker und Texter hinter den Grammatik-Gebirgen und bizarren Zeitformverzerrungen, der öffentlich nie aus dem Schatten des „Wunders im Pullunder“ (Schubert über Schubert) tritt.
Nur so kann das Kunstkonzept Olaf Schubert funktionieren: Wenn die Person auf der Bühne das zu sein scheint, was sie zu sein vorgibt - ein an Selbstüberschätzung leidender Besserwisser, von nichts eine Ahnung, aber zu allem aussagebereit. Schubert schwätzt vom „erweiterten Infinitiv mit Kapuze“, von einer „Durchsetzung der deutschen Sprache mit Anglizismen, vor allem mit englischen“ und er erzählt von bizarren Begebenheiten aus seinem Alltagsleben als freischaffender „Betroffenheitslyriker“ (Schubert). Mit dem Lachen über ihn, der so verzweifelt versucht, so zu tun, als habe er alles im Griff, lachen die Leute immer auch über sich selbst.
www.olaf-schubert.de
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