Es hat nur vier Jahre gedauert, drei Filme und zwei Alben, aus dem isländischen Indie-Kollektiv Of Monsters and Men eine Band zu machen, die weltweit große Hallen füllt. Warum das so ist, macht das neue Werk „Beneath the Skin“ mit Nachdruck deutlich: Die 13 Songs gehen etwas energischer zu Werke als die zwölf des Debüts „My Head Is An Animal“.
Doch die Songschmiedekunst des sechsköpfigen Rock-Orchesters aus Keflavík und Garðabær zeigt sich hier noch einmal um Dimensionen dichter und verzwickter. Nanna Bryndís Hilmarsdóttir und Ragnar Þórhallsson an Akustikgitarren und Mikrophonen, Brynjar Leifsson an der E-Gitarre, Schlagzeuger Arnar Rósenkranz Hilmarsson, Árni Guðjónsson an den Tasten und Bassist Kristján Páll Kristjánsson verschmelzen den sphärischen Rock von Arcade Fire in manchmal ausufernden Klanggemälden mit dem leicht schwermütigen Folk der Walkabouts und der elektrifizierten Melancholie von Florence and the Machine.
Die großen Melodiebögen beherrschen die sechs Isländer nach wie vor im Schlaf, wo aber beim Debütalbum noch eher fröhliches Hippietum wie im Welthit „Little Talks“ vorherrschte, grundieren Gitarren, Bläser, Geigen und Studiotechnik jetzt verzweifelte Zeilen wie „ich versinke“ in „Hunger“ oder düstere Verse wie „ich male deinen Körper schwarz, verschwinde in deinem Haar, und wenn du zurückschaust, ist es, als wäre ich nicht da“. Trotzdem klingt das nie betrübt oder traurig, denn immer herzt irgendwo ein rettender Dur-Akkord die Mengen an Moll, auf denen Nanna Hilmarsdóttir und Ragnar þórhallsson ihre Emotionen ausbreiten.
„Unter die Haut“, der Titel deutet es an, soll das innerliche Album des Sextetts sein, eine Ergänzung und Erweiterung des Debüts, das es mit seiner ungewöhnlichen Mischung aus Indie-Rock und sämigen Pop-Melodien zuerst in den Ben-Stiller-Film „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ und den Soundtrack von „Die Tribute von Panem“ schaffte. Und von dort aus mitten hinein in den Massengeschmack eines Publikums explodierte, das früher vielleicht REM, die 10,000 Maniacs oder Suzanne Vega gehört hätte.
Wie sie Pop und Indie-Folk, die beiden Hälften ihres Schaffens, bruchlos verschweißen, lässt sich im Lyrics-Video zu „Chrystals“ schön betrachten: Statt der björkartigen Hippie-Elfe Nanna Hilmarsdóttir, deren Stimme einen Großteil der Faszination dieser Band ausmacht, scheint hier der vollbärtige isländische Schauspielstar Siggi Sigurjóns zu singen. Bei „Human“ , einer an die Cranberries gemahnenden Power-Pop-Hymne, synchronisiert der Schauspieler Björn Stefánsson den Gesang - mit vollstem Körpereinsatz.
Und das passt immer noch. Of Monsters and Men-Musik, diesmal in Los Angeles mit Rich Costey (Death Cab for Cutie, Interpol) eingespielt, schüttet Gräben zu , beruhigt die Sinne und lässt Füße unwillkürlich mitwippen. Das hat in jeder Sekunde Hitpotential, weil es sich an niemand anderem orientiert als am eigenen Geschmack.