Dienstag, 4. Oktober 2011

Tief in der Vergangenheit

Zeit, die nie vergeht, weil sie tief unter der Erde konserviert ist. Nahezu naturbelassen warten in Biesenthal und Freudenberg nahe Berlin zwei Bauwerke aus dem kalten Krieg, die auch und gerade für viele Menschen im Süden Sachsen-Anhalts ein Stück eigener Lebensgeschichte sind: Die Führungsbunker der Staatssicherheit und des Innenministers mussten zu DDR-Zeiten von zahlreichen Wehrpflichtigen aus dem Bezirk Halle erbaut und bewacht werden. Sprechen durften die Soldaten nicht über die Geheimobjekte, abgesehen davon war die Geheimhaltung so groß, dass kein Grundwehrdienstler je in den inneren Kreis oder gar in das unter einer tarnenden Halle versteckteBunkerbauwerk gelangte. Auch nach dem Mauerfall blieben die „5005“ und „7001“ genannten Schutzbauwerke unzugänglich. Die weiträumige Anlage in Freudenberg wurde zugemauert, die für MfS-Chef Erich Mielke gedachte Nummer 5005 verschwand hinter einer Kompostieranlage. „Dabei ist die Bunkeranlage des MfS einzigartig“, beschreibt Paul Bergner, Autor des Standardwerkes „Atombunker“. Die 5005 bestehe aus zwei Etagen, die 7001 dagegen umfasse gleich vier Bunker, die durch ein über 200 Meter langes Tunnelsystem verbunden seien. Sehenswert - und Grund genug für Bergner, immer wieder sogenannte Kontrollbegehungen durch beide Bauwerke anzubieten. Interessenten haben dann Gelegenheit, die Bunker in Biesenthal und Freudenberg zu besichtigen. Angeraten seien festes Schuhwerk, warme Kleidung und eine Taschenlampe, empfiehlt Paul Bergner. Mehr Informationen: www.ddr-bunker.de

Sonntag, 2. Oktober 2011

Grönemeyer kann doch tanzen

Dem Stachel auf der Spur

Das war damals reiner Zufall. Michael Hesse, Krankenpfleger-Azubi aus dem kleinen Örtchen Lengenfeld, stand im Leipziger Konzert seines Idols Sting und als der einen Fan suchte, der mit ihm zusammen "I'm So Happy, I Can't Stop Crying" singen wollte, reckte er seinen Arm ganz hoch in die Luft. Dann ging alles ganz schnell. Ein paar Stufen hoch, und schon stand der Amateurmusiker aus Mitteldeutschland vor Gordon Matthew Sumner und 7000 Zuschauern in der riesigen Leipziger Messehalle, die natürlich glaubten, der angebliche Sänger aus dem Publikum sei irgendein hochbezahlter Spezialeffekt der Show.

"Nice to meet you, Meikel", sagte der Weltstar zum kleinen Amateurmusiker , der schon als Kind auf jedem Familienfest gesungen hatte. Nein, kein Lampenfieber. „Ich wusste, dass ich das singen kann“, sagt Hesse, der damals mit seiner Band schon Auftritte im Vorprogramm von Karussell und City absolviert hatte. Sting sagte noch höflich "gütten Abend, wir wollen zusammen singen", und erläuterte knapp: „your part is in the middle." Kurzer Test und großes Staunen beim Superstar: Sting, solo und mit seiner Band The Police einer der stilprägenden Künstler der letzten 30 Jahre, zog anerkennend die Augenbrauen hoch. „What's that?“, dachte er wohl – denn sein Duettpartner klang haargenau wie er selbst. "A brillant voice" lobt der Meister den Schüler aus Mitteldeutschland - für die Verhältnisse eines britischen Pop-Aristokraten ein geradezu euphorischer Gefühlsausbruch.

Sowas passiert auch einer welterfahrenen Rocklegende nicht alle Tage, weshalb Sting seinen Auftritt in Leipzig bis heute in guter Erinnerung behalten haben dürfte. Einmal war er seitdem noch in Mitteldeutschland, um das kurzzeitige Comeback von The Police zu feiern. Jetzt aber kommt er wieder, diesmal mit sinfonischer Verstärkung und seinen größten Hits im Gepäck. Bei “Every Breath You Take”, “Roxanne”, “Englishman In New York” und “Desert Rose” wird Sting vom Philharmonischen Orchester und einem Quartett bestehend aus Stings langjährigem Gitarristen Dominic Miller, Multi-Percussionist Rhani Krija, Bassist Ira Coleman und Vokalist Jo Lawry begleitet.




Eigentlich ein Pflichttermin für Michael Hesse, doch den hat es inzwischen dorthin verschlagen, wo Sting herkommt. Mittelengland statt Mitteldeutschland, heißt es für ihn. "Meine Frau schreibt in Leicester ihre Doktorarbeit in Human-Genetik, ich arbeite als Krankenpfleger." Seine musikalische Karriere, nach dem gemeinsamen Auftritt mit Sting mit den Bands "Room Four" und Digital Pimp fortgesetzt, verfolgt Michael Hesse aber trotz der Doppelbelastung durch seine Arbeit und ein Studium als Texter und Konzeptionierer auch im Mutterland des Rock. „Mit der Gruppe Replica spiele ich mindestens einem Pub-Gig pro Woche und mehreren Wedding-Gigs im Monat“, erzählt er. Obwohl er musikalisch mittlerweile in einer anderen Richtung unterwegs sei und seine großen Helden heute eher Eddie Vedder oder Foo Fighters heißen, stehe Sting als Musiker immer noch hoch in seinem Ansehen. „Er ist und bleibt einer der talentiertesten Musiker unserer Zeit.“ Ihn noch einmal zu treffen, wäre ein Traum, sagt er. Aber leider wird Michael Hesse das Konzert des 59-Jährigen in Leipzig (23. Juni, Arena) knapp verpassen: Erst im Herbst kehrt der mitteldeutsche Sting nach Leipzig zurück. „Ich hoffe natürlich, dass ich nach dem Umzug dort bei einer guten Band einsteigen kann.“ Dürfte nicht schwer werden – die richtigen Referenzen bringt Hesse ja allemal mit zurück nach Hause.

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