Debüt in der Entziehungsklinik
Janis Joplin war erst ganze vier Jahre dabei, wirklich professionell zu singen. Als Teenager hatte sie lieber gezeichnet, war von ihrer Mutter Dorothy, die einst selbst hatte Sängerin werden wollen, aber immer wieder motiviert worden, weiterzumachen. Mit 15 stand Janis zum ersten Mal auf der Bühne, fast ein wenig zynisch scheint mit Blick auf ihre spätere Laufbahn die Wahl des Auftrittsortes - einer Anstalt zur Reintegration von Alkohol- und Drogensüchtigen. Das Mädchen mit dem zupackenden Wesen, das den gängigen Schönheitsidealen der ätherischen Fee so gar nicht entsprechen wollte, ging nach dem Highschool-Abschluss nach Kalifornien, in die Stadt der Blumenkinder.
Hier in San Francisco schlug sie sich an der Seite Jorma Kaukonen, dem späteren Gitarrist von Jefferson Airplane, al Kneipensängerin durch, ohne großen Erfolg zu haben. Janis Joplin flüchtete nach Louisiana, wo sie kellnerte, und daheim in Texas nahm sie Anlauf, doch noch einen Collegeabschluss zu erwerben.
Gerade im rechten Moment aber meldete sich Chet Helms, ein früher Strippenzieher im Hippie-Universum. Dessen Band Big Brother and the Holding Company suchte eine Sängerin - der Beginn von Joplins Weltkarriere.
In den folgenden 36 Monaten veröffentlichte Janis Joplin drei Alben mit drei Bands, sie trat beim Monterey-Festival und in Woodstock auf, machte eine Europa-Tournee und flüchtete mittenfrin für eine Zeit nach Nepal. Ein Leben auf der Überholspur, gegossen in Songs wie „Piece of My Heart“ oder „Ball and Chain“, die Janis Joplin mit ihrer unverwechselbaren Stimme auf eine Weise interpretierte, dass das Struppige, Unkommerzielle ihres rüden Bluesrock ihrem Erfolg nicht im Wege stand, sondern ihn erst begründete.
Tragödie mit Drogen
Für die Künstlerin, gerade erst Mitte der 20, eine Tragödie. Ungeschützt einer Öffentlichkeit ausgesetzt, berauscht sich Janis Joplin an allem, was greifbar ist. Sie nimmt Heroin, raucht Marihuana und trinkt exzessiv. Auf der Bühne geht ihr zuweilen jede Kontrolle verloren - so wird sie wegen obszöner Sprache auf der Bühne zu einer Geldstrafe verurteilt und in einem anderen Prozess , angestrengt wegen der Beleidigung eines Polizisten, rettet sie nur das weite amerikanische Verständnis von Redefreiheit vor einer Verurteilung.
Nach dem gescheiterten Ausflug nach Nepal soll Südamerika helfen, Schluss zu machen mit den Drogen. Doch vorher muss noch das neue Album eingespielt werden, wieder mit einer neuen Band, die nun nicht mehr „Kozmic Blue“, sondern „Full Tilt Boogie“ hieß. Einen Monat lang dauerten die Aufnahmen im Sunset Sound Studios in Los Angeles, Janis Joplin wohnte derweil im nur fünf Minuten entfernten Landmark-Motel.
Am Tag, nachdem sie „Mercedes Benz“ eingesungen hatte, erschien Joplin nicht im Studio. Nach offiziellen Angaben starb Janis Joplin am 4. Oktober 1970 an einer Überdosis Heroin. Als ihr Manager John Cooke sie holen wollte, fand er Joplin tot in ihrem Zimmer. Beim Titel „Buried Alive in the Blues“ auf dem posthum veröffentlichten Album „Pearl“ fehlt der Gesang. Janis Joplin hätte das Stück erst am 5. Oktober 1970 einsingen sollen.