Dienstag, 15. Juli 2014

Training für den Jihad: Hitlers Inder in Sachsen-Anhalt

Amin Ullah hatte einen kurzen Anreiseweg. Aus Hamburg kam der gebürtige Inder nach Annaburg im heutigen Sachsen-Anhalt, um sein Leben der allergrößten Aufgabe zu widmen. Ullah, der eigentlich wohl Amin Chand Chowdhury hieß, war entschlossen, an der Befreiung seines Heimatlandes von der Kolonialmacht Großbritannien mitzuhelfen. Der beste Ort dafür war in jenem Sommer 1941 die ehemalige Unteroffiziersschule in dem kleinen Städtchen Annaburg in der Nähe von Wittenberg. Als StaLag 4 DZ wurde das Gelände um das 1881 errichtete Schulgebäude zu einem Ort der besonderen Verwendung: In den vier Jahren bis Kriegsende internierte die Wehrmacht hier Inder, die als Angehörige britischer Truppenverbände in Gefangenschaft geraten waren.

Amin Chand Chowdhury war ein anderer Fall. Der Mann, der in Annaburg bei einem Fleischermeister außerhalb des Lagers unterkam, hatte schon im Ersten Weltkrieg die Seiten gewechselt. Statt als Untertan Ihrer Majestät gegen das Deutsche Reich zu kämpfen, kam das Mitglied der im US-Exil gegründeten indischen Freiheitspartei Ghadar eigens nach Deutschland, um hier unter kriegsgefangenen Indern nach Männern zu suchen, die bereit waren, ihre Kanonen herumzudrehen und an der Seite der Deutschen gegen das britische Empire ins Feld zu ziehen.

Das führte im Ersten Weltkrieg immerhin rund eine Million Inder als Soldaten. Indische Sepoy- und Sikh-Soldaten kämpften nicht nur in Asien, sondern auch an der Westfront in Frankreich. Rund eintausend von ihnen gerieten in deutsche Gefangenschaft oder desertierten. Für die Deutschen schon bald nach Kriegsbeginn Grund für eine neue Strategie: In einem sogenannten "Inderlager" im brandenburgischen Zossen wurde versucht, indische Sikh- und Hindu-Soldaten mit Hilfe von Exilanten wie Amin Chowdhury und dem in Berlin residierenden Indischen Unabhängigkeitskomitee zum Kampf gegen das Vereinigte Königreich zu mobilisieren. Der deutsche Vordenker Max von Oppenheim redete Klartext, als er das eine" Jihad-Strategie" nannte.

Der Feind meines Feindes ist mein Freund, nach diesem Motto verbündeten sich die beim Kampf um ein Kolonialreich zu spät gekommenen Deutschen mit den Indern, die ihre Kolonialmacht gern abgeschüttelt hätten. Doch während die indische Seite von einer Indischen Legion träumte, die über die Türkei, den Iran und Afghanistan nach Indien marschieren könnte, ging es der Reichswehr eher um die Gewinnung von Freiwilligen, die mit den normalen Truppen an die Front ziehen sollten.
Bei den gefangenen Indern, die in Zossen mit indischem Essen versorgt und zum Leben nach ihren Glaubensgrundsätzen ermutigt wurden, kam beides nicht gut an. Nur wenige Inder wechselten die Seiten. Die "Jihad"-Strategie scheiterte auch daran, dass die deutsche Seite in den Indern letztlich keine Partner, sondern nur nützliche Hilfstruppen und Propagandawerkzeuge gegen die Briten sah.

Dennoch fand dieselbe Koalition auch ein knappes Vierteljahrhundert später wieder zusammen, diesmal in Annaburg. Bereits seit Anfang der 30er Jahre hatte Subhash Chandra Bose, Ex-Oberbürgermeister von Kalkutta, Vorsitzender des Indischen Nationalkongresses und wegen seines Engagements für die Unabhängigkeit mehrfach zu Haftstrafen verurteilt, in Europa nach Verbündeten im Kampf gegen die Briten gesucht. 1941 traf der inzwischen aus seiner Heimat geflüchtete Netaji (zu deutsch "Führer") aus Moskau kommend in Berlin ein, wo seine Idee der Gründung einer "Indischen Legion" nach Monaten der Bettelei schließlich von Hitler persönlich genehmigt wurde. "Indien ist der Kern des englischen Empire", befand der, "wenn England Indien verliert, stürzt die Welt ein."

In Annaburg und später auf dem Truppenübungsplatz Königsbrück in Sachsen versuchte Bose mit seiner Zentrale Freies Indien, eine Kerntruppe für die erträumte Indische Legion zu gründen. Dabei paktierte der mit einer Österreicherin verheiratete Unabhängigkeitskämpfer mit allen, die seiner Sache hilfreich zu sein schienen. Die Soldaten der Legion trugen Wehrmachtsuniform plus Turban, unterstanden aber der Waffen-SS, sie schworen Bose die Treue, aber auch Adolf Hitler. "Gebt mir Blut und ich gebe Euch die Freiheit", versprach Bose seinen Männern.

Die Erfolge der Bündnistaktik blieben überschaubar. Den indischen Kriegsgefangenen ging es nach Zeitzeugenberichten gut, sie bekamen zusätzliche Verpflegung vom Roten Kreuz und mussten bei örtlichen Bauern und in regionalen Fabriken nur leichte Arbeiten verrichten. Niemand wurde zur Arbeit gezwungen, alles war freiwillig, teilweise schliefen die Arbeitstrupps sogar unbewacht außerhalb des Lagers.

Der Wille der Sepoys, das ruhige Leben in Annaburg gegen die ungewisse Zukunft eines Soldaten der Indischen Befreiungsarmee einzutauschen, war wenig ausgeprägt. Nur mühsam erreichte die Legion bis zum Januar 1943 Regimentsstärke, bis 1944 konnten die bis dahin von Deutschen eingenommenen Offiziers- und Unteroffiziersstellen weitgehend mit Indern besetzt werden.

Allerdings waren die ursprünglichen Pläne Boses da schon Makulatur. Obwohl der Netaji stets darauf gedrungen hatte, dass die Indische Legion nur beim Kampf um Indien eingesetzt werden dürfe, kam es jetzt anders. Kaum war Bose nach Japan abgereist, um die dort aus Indern in japanischer Kriegsgefangenschaft gebildeten Einheiten zum Vormarsch auf die Heimat zu führen, verlegte das deutsche Oberkommando einen Teil der Legion nach Holland, einen anderen nach Frankreich. Es kam zu Befehlsverweigerungen und Protesten, aus Fernost musste Bose seine Männer auffordern, den Kampf gegen die Briten "an jedem Ort" zu führen - auch in Europa.
Dazu aber kam es nicht mehr. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie geriet die Indische Legion in den Strudel des Rückzuges. Bei Straßenkämpfen in Sancoin starb der Leutnant Ali Khan, ein Obergefreiter namens Mohammed Rashid schoss zwei US-Panzer in Brand. Die geplante Flucht bis in die Schweiz endete im Allgäu - und sie brachte das Ende der Indischen Legion. Deren Angehörige wurden an die Briten übergeben, die sie zurück nach Indien brachten, um ihnen den Prozess zu machen.

Subhash Chandra Bose war bereits im August 1945 bei einem Flugzeugabsturz gestorben - unter rätselhaften Umständen und ohne dass je ein Leichnam gefunden wurde. Der Indische Nationalkongress bezog dennoch klar Stellung. Man stellte den wegen "Kriegführung gegen den König" angeklagten Ex-Legionären mit Jawaharlal Nehru den Privatsekretär Mahatma Gandhis zur Seite. In Indien galten die Deserteure damit als Märtyrer der nationalen Sache und Helden im Befreiungskampf, trotz ihres Bündnisses mit der falschen Seite. Nur drei Soldaten der Indischen Legion wurden wirklich angeklagt und verurteilt, auch sie kamen bereits 1947 wieder frei, als Indien seine Unabhängigkeit von Großbritannien erzwingen konnte.


Vergessener Held
Mahatma Gandhi und Jawaharlal Nehru kennt jeder, Subhash Chandra Bose dagegen niemand, zumindest in Deutschland. In Indien dagegen gilt der Mann, der den bewaffneten Kampf gegen die britische Kolonialmacht predigte, bis heute als Nationalheiliger. 70 Jahre nach seinem Tod wird das Leben des Gründers der Indischen National-Armee und deren Schicksal jetzt in mehreren Büchern beleuchtet.STKLiteratur zum Thema: Franziska Roy ( Hrg.), Soldat Ram Singh und der Kaiser, Draupadi, 24,90 Euro;

Mittwoch, 25. Juni 2014

Fifa gegen Fußballfans: Spiel ohne Seele


In der Achtelfinal-Runde der WM ist der Kampf der Fifa gegen Fan-Fahnen zu einem Kampf gegen die Fans insgesamt geworden

Halle/MZ. Als sie die Hymnen spielten im Estadio Beira-Rio, war die Fußballwelt noch halbwegs in Ordnung. Die Fans der deutschen Mannschaft freuten sich auf ein spannendes Spiel, an die Zäune im Stadion an den Ausläufern des Rio Guiba hatten sie wie immer zahlreiche Fahnen gehängt – ein Gruß in die Heimat, eine Botschaft an die Mannschaft von Trainer Jogi Löw: Wir sind hier, wir stehen hinter Euch, wir drücken Euch die Daumen. Unter den Fahnenträgern, die sich selbst die „Fahnenmafia“ nennen, sind mit Steffen Melzer und Tobias Möhring auch zwei ehemalige Hallenser, die seit Ende der 90er Jahre kaum ein Spiel der deutschen Nationalelf verpasst haben. Die Fans zuhause konnten die große Reise der beiden Allesfahrer stets verfolgen, denn die Fahne mit dem Aufdruck „Halle/S.“ war in jedem Spiel irgendwo zu sehen.

Dann begannen die Hymnen, die Kameras der zentralen Fifa-Regie fuhren die Reihen der Spieler ab. Und im Hintergrund, dort, wo niemand außerhalb des Stadions hinsehen konnte, begannen Trupps von Ordnern, die Fanfahnen abzuhängen. Beim Kurznachrichtenportal Twitter empörten sich die ersten Zuschauer unter dem Hashtag #GERALG. Tobi S. twitterte „im Hintergrund hängen die Ordner während den Hymnen die Zaunfahnen ab“, der Hertha-Fans BroetchenBond ‏@BBond030 ätzte: „Unfassbar, wie die Ordner angeschissen kommen, um die Zaunfahnen abzuhängen - pro Fankultur - #FIFA shame on you“. In einer speziell der Halle/S.-Fahne gewidmeten Facebook-Gruppe facebook.com/groups/Hallefahne/ notiert Jens Vogt „Fahnen werden schon wieder entfernt“ und Marcel Scharnow kommentiert: „Einfach nur peinlich die Fifa“.

Bereits bei den letzten Spielen der deutschen Mannschaft hatte es harte Auseinandersetzungen um die vor allem bei Deutschen, Argentiniern, Engländern und Spaniern beliebte Tradition der Zaunfahnen gegeben. Ordner und Militärangehörige gingen gegen den seit Jahrzehnten geduldeten Brauch vor. Fahnen mussten abgehängt werden, später im Spiel waren sie nur gelegentlich zu sehen, wenn die Fahnenträger sie per Hand ins Bild hielten.

Fans vermuteten damals schon, dass die Organisatoren der Fifa Angst davor haben, dass die Plakate der sogenannten „Fahnenmafia“ die Sicht auf die Werbebanden der zahlenden Sponsoren beeinträchtigen oder doch zumindest von ihnen ablenken. Der Fußball-Weltverband aber dementierte, nachdem auch der Deutsche Fußballbund das Vorgehen gegen seine Anhänger offiziell kritisiert hatte: DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock beschwerte sich mit einem Schreiben bei der Fifa. „Tausende deutscher Fans nehmen große Strapazen auf sich, um unsere Mannschaft bei diesem Turnier zu unterstützen. Wir wünschen uns, dass sie im Rahmen der geltenden Regeln möglichst viele Freiheiten bekommen, um ihre friedlichen und stimmungsvollen Aktionen in den Stadien zeigen zu können.“

Danach ruderte die Fifa zurück, wenigstens verbal. Das Vorgehen habe auf einem "Fehler der lokalen Organisatoren" beruht, schuld sei eine "Fehlinterpretation" der Ordner gewesen, die geglaubt hätten, dass die Transparente die zulässige Größe überschritten hätten. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die Fifa versicherte, dass die Fahnen aus Halle, Großblie, Spenge und zahlreichen anderen deutschen Orten in den nächsten Spielen wieder hängen dürften.

Die Bilder, Tweets und Facebook-Statuseinträge aus dem Estadio Beira-Rio aber straften die offiziellen Erklärungen Lügen. Zuschauer zu Hause bekamen die Abhängaktion meist nicht mit, wunderten sich aber wie der Twitternutzer Amateurefan ‏@NaptoFCB über „traurige und trostlose“ Tribünen sind. „Die @fifacom_de hat scheinbar sämtliche Zaunfahnen verboten“, folgerte der Fan.
Während die deutsche Mannschaft unten auf dem Rasen um das sportliche Überleben im Wettbewerb kämpfte, starb oben auf den Rängen eine „Insignie lebendiger Fankultur“, wie es das Fußballmagazin „11Freunde“ nennt. Die traditionellen Fan-Banner würden unter Protest der Anhänger zunehmend aus den Stadien verbannt, analysiert das Fachblatt in einem Nachruf, die „eine beeindruckende Farbenpracht und Vielfalt auf den Rängen“ weicht damit der Tristesse der amtlichen blauen Banden, die flankiert werden von den Werbebotschaften einer Handvoll Großsponsoren.

Ein bezeichnender Akt, denn mit dem Turnier in Brasilien erreicht der Kampf des Fußball-Weltverbandes gegen die wahren Anhänger des Sport eine neue Dimension. Als übersetze die Führungsgruppe um Fifa-Präsident Sepp Blatter das eigene Motto „All in one Rhythm“ mit „alles im Gleichschritt“, sorgte die Organisation dafür, dass die authentische Fußball-Atmosphäre früherer Weltmeisterschaften der eines Reinstraumes ohne störende Nebengeräusche. Kaum ein Spiel wird noch von echten Fangesängen begleitet, die La Ola-Welle hat die authentischen Fanchöre ersetzt, es gibt keine Fan-Choreografien mehr und statt Leidenschaft regiert die Regie einer hochtechnisierten Inszenierung, bei der störende Flitzer für die Fernsehzuschauer in aller Welt von einer zentralen Regie bei Bedarf einfach ausradiert werden, als habe es sie nie gegeben.

Der Riesenkonzern Fifa handelt mit dem Weltturnier wie mit einem Produkt, er beutet sein Monopol auf die beliebteste Sportart der Welt aus, ohne dabei von Kartellbehörden oder Wettbewerbshütern behelligt zu werden. Gewinnmaximierung ist das Ziel, dafür verzichtet Weltverbandschef Blatter sogar auf das, was Fußball größer gemacht hat als alle anderen Sportarten: Das anarchische Moment, der unkontrollierbare Effekt, wenn die Stimmung vom Platz auf die Ränge überschwappt oder die leidenschaftliche Anfeuerung der wahren Fans eines schon geschlagene Mannschaft dazu treibt, ein Spiel zu drehen.

In Brasilien muten die Ränge manchmal an wie eine tote Zone. Außer einem Geraune und ein wenig Getrommel, wenn afrikanische Mannschaften auf dem Platz stehen, kommt nicht viel Stimmung auf. Kein Wunder, sitzen doch auf den Tribünen nicht die Menschen, die das Spiel am meisten lieben, sondern die, denen der Kartenkauf am wenigstens wehtut.

Eine Umfrage des brasilianischen Instituts Datafolha hat gezeigt, dass die Stadionbesucher bei der WM überdurchschnittlich reich und überdurchschnittlich weiß sind, die Bevölkerungsgruppe mit einem Monatseinkommen zwischen 500 und 2000 Dollar stellt zwar fast 50 Prozent der Gesamtbevölkerung, ist aber nur mit neun Prozent unter den Stadionbesuchern vertreten. Es sind Menschen, das wird bei jeder Nahaufnahme des Publikums deutlich, die im Stadion vor allem unterhalten werden wollen: Ihre Vorstellung von Fußball-Fantum ist es, sich wie ein Clown bunt anzumalen, groteske Brillen zu tragen und das aktuelle Mannschaftstrikot anzuziehen. Sie jubeln am lautesten, sobald sie ihr eigenes Bild auf der großen Stadionleinwand entdecken – selbst wenn ihre eigene Mannschaft zurückliegt.

Die Fifa hat schon vor ihrem harschen Vorgehen gegen die Zaunfahnen alles getan, dem Fußball seine ursprüngliche Unkalkulierbarkeit zu nehmen. Mit hohen Eintrittspreise - Brasilianer zahlten für das Achtelfinalspiel gegen Chile bis zu 200 Dollar pro Ticket – und strengen Benimm-Regeln, mit Verboten und Auflagen. Die gehen bis zur absurden Forderung, dass die beteiligten Fußballspielern ihre eigenen Kopfhörer einer beliebten In-Marke nicht benutzen dürfen, weil ein großer Elektronikhersteller, der ein Konkurrenzprodukt herstellt, Werbepartner des Turniers ist. Öffentlich weißt die Fifa Kritik zurück. So seien in Brasilien günstigste Eintrittskarten für nur 25 Dollar werden an Studenten, Senioren und Wohlfahrtsempfänger verkauft worden, hieß es stolz. Pro Partie waren es etwa 3000, in Stadien, die das Zehn- oder gar Zwanzigfache fassen.

Die Zaunfahnen sind so nur das jüngste Opfer einer seit Jahren andauernden Eventisierung des Fußballspiels. Die Fifa zielt auf noch mehr Hochglanz, noch mehr Oberfläche, die sich für noch mehr Vermarktung eignet. Auf der Strecke bleibt dabei die Seele des Spiels – was den Fans inzwischen auch nicht mehr entgeht: „Zaunfahnen würden dem Deutschen Spiel jetzt gut tun“, twitterte @ISDT kurz vor Ende des deutschen Spiel gegen Algerien. Zwei einsame hingen da wieder, ganz oben im obersten Oberrang.

Dort, wo sie niemand sehen konnte.



Sonntag, 22. Juni 2014

Fifa und der Kampf um die Fahnen

Kampf des Weltverbandes gegen die Halle/S.-Fahne: Die Fifa hat zu Beginn der Partie der DFB-Elf gegen Ghana erneut für Unmut bei den deutschen Fans gesorgt. Grund waren Ordner im deutschen Block, die während der Begegnung in Fortaleza Fan-Plakate und Fahnen abgehängt hatten - nicht zum ersten Mal, wie es im Fanboard ultras.ws heißt. Dazu wurde beim deutschen Spiel gegen Ghana sogar Militär eingesetzt.

Doch diesmal antworteten die Anhänger der DFB-Elf darauf mit Pfiffen und skandierten "Fifa raus". Während Reporter Tom Bartels behauptete, die Banner seien abgehängt geblieben, sahen Zuschauer daheim das Transparent mit der Aufschrift Halle/S. auch nach Kloses Ausgleichstor präsent im Bild - der neue Rekord-WM-Schütze lief beim Jubel direkt an der Fahne vorüber.

Der Grund für das Vorgehen der Fifa gegen die vor allem bei Deutschen, Argentiniern und Engländern beliebten Zaunfahnen ist nach wie vor unklar. Vermutlich haben die Organisatoren Angst, dass die Plakate die Sicht auf die Werbebanden der zahlenden Sponsoren beeinträchtigen oder doch zumindest von ihnen ablenken. Der Riesenkonzern Fifa hat sich ein Monopol auf die beliebteste Sportart der Welt aufgebaut, dabei wird er von keiner Kartellbehörde überwacht, von keinem Wettbewerbshüter verfolgt und von keinem Steuerfahnder beargwöhnt. Auch wenn die Fifa in Brasilien, Deutschland oder Italien Milliarden einnimmt, wird sie in der Schweiz behandelt wie ein Kegelklub mit 15 Mitgliedern: Ihren Reingewinn versteuert die Fifa in der Schweiz mit 4,25 Prozent.

Eifersüchtig wacht sie über ihre Pfründe. Einträgen bei Twitter zufolge sollen ordner auch angegeben haben, dass dass man auf den Fahnen Parolen vermutet würden, die rassistisch oder politisch sind. Die Fifa ist hier sehr empfindlich - bereits in der Eröffnungszeremonie hatte sie ein Protestplakat, das ein Indio-Junge auf dem Rasen entrollt hatte, von der zentralen Regie zensieren lassen.
Im Fall der Zaunfahnen hat die Fifa später allerdings behauptet, das Vorgehen beruhe auf einem "Fehler der lokalen Organisatoren". Schuld sei eine "Fehlinterpretation" der Ordner gewesen, die geglaubt hätten, dass die Transparente die zulässige Größe überschritten hätten. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

Tröstlich für alle Follower der Halle/S.-Fahne: Im nächsten Spiel gegen die USA dürften die Plakate wieder aufgehängt werden, versicherte der Weltverband.

Ein Augenzeuge aus der Fahnenmafia berichtet direkt aus Brasilien