Freitag, 7. Oktober 2016

Trump: Annäherung an eine Schreckensfigur

Michael D’Antonio schreibt über den Mann, der US-Präsident werden will. Seinem Buch Die Wahrheit über Donald Trump ist allerdings deutlich die Antipathie des Autor anzumerken: Trump wird hier zum miesen, fiesen Unmenschen. Ein Konzept, das dem Erfolg des Buches helfen dürfte.

Er kam als sonderbare Witzfigur, ein komischer, greller Mann mit Helge-Schneider-Gedächtnisschopf, der große Töne spuckte. Doch in Kürze könnte Donald Trump trotzdem Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein: Letzte Meinungsumfragen sehen den Kandidaten der Republikanischen Partei fast gleichauf mit Hillary Clinton, seiner demokratischen Konkurrentin. Trump wäre die erste Witzfigur im Weißen Haus, zumindest wenn man den weitgehend übereinstimmenden Berichten in verschiedenen Medien glaubt.

Wie konnte es so weit kommen? Was ist es, das den groben, lauten 70-Jährigen zumindest bei einem Teil der Amerikaner so populär macht, dass er binnen eines Jahres vom krassen und belächelten Außenseiter zum ernsthaften Kandidaten auf das mächtigste Amt der Welt wurde?

Michael D’Antonio, erfahrener Autor historischer Sachbücher etwa zu den Skandalen der katholischen Kirche oder zur US-Atomrüstung, wollte es anfangs gemeinsam mit Donald Trump herausbekommen. Damals, als noch niemand glaubte, dass es Trump so weit bringen könnte.

Der frühere Journalist traf sich mit dem Milliardär, man beschnupperte sich, rieb sich aneinander. Und Trump sagte ihm korrekt voraus: Ehe wir fertig sind, werde ich sie verklagen. So kam es, denn Trump gefiel nicht, was D’Antonio schrieb. Und so kommt es nun, dass D’Antonios Buch - im Original „Nie genug“ überschrieben - in der deutschen Übersetzung nun „Die ganze Wahrheit über Donald Trump“ heißen kann.

Es ist ein Fleißwerk, das der Amerikaner, der auf Long Island lebt, da geschrieben hat. Detailverliebt bohrt er sich in die Trumpsche Familiengeschichte, er beleuchtet die Geschäfte von Opa und Vater und zeigt, wie und wo Junior Donald seine Grundeinstellungen erworben hat, die Kritiker mal „menschenfeindlich“, mal „erzkonservativ“ oder der Einfachheit halber gleich „irre“ und „wahnsinnig“ nennen. Welche Absichten und Ansichten das genau sind, bleibt meist verborgen. Ein paar Stichworte, knappe Zitate, fertig ist der Alptraumkandidat.

Was steckt aber nun tatsächlich hinter dem überraschenden Erfolg des zweifellos egozentrischen Milliardärs? D'Antonio zufolge sind es Wettbewerb und Ehrgeiz, die Trump antreiben. Der Mann will gewinnen, immer und überall und er sagt das laut. Eine Strategie, die im traditionell erfolgsneidischen Deutschland eher auf Ablehnung, in den mit Tellerwäscher-Stories großgewordenen USA aber für Achtung sorgt.

Trump ist ein Sonderfall. Der Sohn eines Baulöwen gilt dem Biografen als „extremes Beispiel für Obsession, Aggression und Unsicherheit“. Die überspiele er durch Schamlosigkeit, sei im Gespräch aber auch „schlagfertig, charmant und witzig“. Dass der „begnadete Provokateur“ mit seiner Kandidatur erfolgreich sein würde, verdanke sich weniger der Persönlichkeit Trumps als vielmehr seinem Gespür dafür, dass es gelingen könne, „Sorgen und Zorn verunsicherter Menschen auszunutzen, denen ein politisches System suspekt war, das von Menschen dominiert wurde, die den Parteien riesige Wahlkampfspenden zukommen ließen“.

Donald Trump gehört zweifellos selbst zu diesen System. Doch das auch von seinen Gegnern gepflegte Bild des Milliardärs mit der Moppfrisur als rücksichtslosem Querschläger hilft ihm bei der Selbstinszenierung als Rebell gegen das Establishment.

In Wirklichkeit, glaubt Michael D’Antonio, sei Trump nur eines: ein Narzisst, der es liebt, sich selbst im Spiegel der Öffentlichkeit zu bewundern. Ein Urteil, das einer Verurteilung nahekommt.

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