Wenn es ums Geld geht, aber nebenbei auch soziale Erwägungen mitspielen, schaltet das menschliche Gehirn in einen anderen Verarbeitungsmodus. In diese Richtung deuten Ergebnisse einer Studie, die an der Universität Bonn durchgeführt wurde. Bei den zugrundeliegenden Tests konnten Probanden Musikstücke kaufen und den zu zahlenden Preis selbst festlegen. Die Forscher zeichneten währenddessen die Hirnaktivität der Teilnehmer auf - mit verblüffenden Ergebnissen.
Als die Band Radiohead vor zehn Jahren ein neues Album zum Download ins Internet stellte, ohne dafür einen festen Preis zu verlangen, war das ein Großexperiment. Kaufen, aber zu dem Preis, den der Käufer zu geben bereit ist? Ein schlechtes Geschäft, meinten Skeptiker. Doch die Fans belehrten sie eines Besseren: Zwar zahlte nach externen Beobachtungen kaum die Hälfte aller Käufer. Die andere Hälfte aber zum Teil viel zu viel, so dass das Album trotzdem auch kommerziell ein Erfolg wurde.
Wie aber kommt diese unterschiedlich ausgeprägte Bereitschaft, zu zahlen? Was sich bei Käufern im Gehirn abspielt, wollten Wissenschaftler der Uni Bonn im Experiment ermitteln. 25 Teilnehmer steckten sie in einen Hirnscanner, dort hörten die Probanden einen Ausschnitt aus einem Musikstück, anschließend sollten sie entscheiden, ob sie das dazugehörige Album kaufen wollten oder nicht. In einigen Fällen durften die Versuchspersonen dabei entscheiden, wie viel Geld sie ausgeben wollen. Unabhängig vom gezahlten Betrag würden sie die Musik aber auf jeden Fall behalten dürfen. Für die Gegenprobe hatten die Forscher einen Fixpreis festgelegt, dessen Höhe den Teilnehmern nicht bekannt war. Die Probanden konnten ihren Kaufpreis vorschlagen, wussten aber, dass sie das Album nur bekommen, wenn ihr Vorschlag über dem Festpreis liegt.
"Im Fixpreis-Szenario fanden wir Aktivierungsmuster, die genau unseren Erwartungen entsprachen", erklärt Sebastian Markett von der Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie: "Direkt beim Hören des Musikstückes wurden bei den Probanden bestimmte Hirnstrukturen aktiv, die zum sogenannten Belohnungssystem zählen." Je besser den Teilnehmern ein Stück gefiel, desto stärker fiel diese Aktivierung aus. Mit deutlichen Folgen: "Desto höher war im Anschluss die Summe, die sie für das Album boten."
Der Musikgenuss bestimmte also, wie viel die Musik dem Käufer wert war. Anders sah es dagegen aus, wenn die Teilnehmer nach dem Hören des Stücks erfuhren, dass sie über den Preis selbst bestimmen können. In diesen Fällen ließ sich aus der Aktivierungsstärke des Belohnungssystems nicht auf die Summe schließen, die die Probanden später zahlen würden. "Stattdessen lief bei ihnen eine Gehirnregion zu Höchstform auf, die auf visuelle Reize reagiert, die eine soziale Komponente beinhalten", wie Simon Waskow erklärt, der die Studie mitverfasst hat.
Die Folge: "In die Entscheidungsfindung wurden nun nicht mehr nur ökonomische Überlegungen, sondern auch soziale Erwägungen wie eben der Fairness-Gedanke einbezogen." Der Preis, der niedriger sein könnte, steigt nun dadurch, dass niemand sich nachsagen lassen will, er zahle zu wenig.
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