Freitag, 9. Oktober 2020

Peißnitz-Nordspitze: Trockenasphalt für den Auenwald

Es ist das letzte Stück unbetonierten Bodens auf der Peißnitzinsel, ein naturbelassener Weg einmal rund um die Nordspitze der Insel, umgeben von der fast schon urwaldartigen Vegetation des letzten Stückes Auenwald in der Stadt Halle. Seit Jahren schon aber weckt ausgerechnet dieses verlorene Ende Waldweg Begehrlichkeiten: Im Zuge der aus der Fluthilfe finanzierten "Reparaturen" von allerlei echten und ausgedachten Hochwasserschäden rückte vor fünf Jahren auch der festgetretene Erdpfad im Auenwald ins Visier der Bauplaner. Für eine sechsstellige Summe sollte der bei Joggern, Spaziergängern und Radfahrern zu jeder Jahreszeit beliebte Rudnweg mit einer sogenannten wassergebundenen Decke versehen werden. es ging nicht schnell, aber es ging voran. Und nun ist es soweit. Demnächst sollen die Bautrupps anrücken.


Roter Schotter für den Auenwald, roter Schotter, der zwar nur ein paar Wochen leuchtend rot bleibt, um sich gleich anschließend in einen Belag zu verwandeln, der sich von dem naturbelassenen nicht unterscheidet, der den Nordspitzenweg seit jeher bei jedem Wetter gut begehbar hält. Doch die "Hochwasserschadenbeseitigung" ist nun mal beantragt. Und auch sieben Jahre nach der Flut von 2013, die auf der Nordspitze keinerlei sichtbare Schäden hinterlassen hat, wird nun saniert und trocken asphaltiert. 

Widerstand ist zwecklos, und doch gibt es ihn. Zu einer Protestlaufrunde empörter Jogger laden Plakate ein, die Unbekannte überall auf der Peißnitz aufgehängt haben. "Joggen gegen Schotterflechte", heißt es da. Der geplante Bau bedrohe 300 Jahre alte Baumwurzeln und zerstöre ein Stück intakte Natur - in einer Stadt, die seit Jahren grüner werden will.

Erfolgsaussichten Null, denn ein Stadtrat, der beschließt, einen seit Jahrhunderten unbefestigten Pfad, der bei Regen nass und bei Sonnenschein trocken ist, als sanierungsbedürftig einzustufen, ist von einem Protestlauf wohl so wenig zu beeindrucken wie von der Petition, für die der Werbung macht. Zuletzt hatte die Mehrheit des Planungsausschusses sich der Ansicht der Verwaltung angeschlossen, dass es sinnvoller sei, die für die "wassergebundene Decke mit tragfähigem Unterbau" beantragten Fluthilfegelder in Höhe von 288.000 Euro zu verbauen, auch wenn es Geldverschwendung sei. Immerhin habe die Stadt bereits rund 40.000 Euro für die Planungskosten ausgegeben - Geld, das verloren wäre, würde man nicht die restliche Viertelmillion noch hinterherwerfen, einfach, weil sie nun mal da ist. 

So bekommt der Auenwald nun nach Jahrhunderten festen Boden unter die Füße von Läufern und Spaziergängern, selbst wenn die "Verordnung der Bezirksregierung Halle über die Festsetzung des Naturschutzgebietes "Nordspitze Peißnitz" von 1993 ausdrücklich festlegt, dass es "zur Vermeidung von Gefährdungen und Störungen" ausdrücklich verboten ist, im Schutzgebiet "bauliche Anlagen" zu errichten.

Dort dagegen, wo es die schon seit Anfang der 70er Jahre gibt und nun repariert werden müsste, was wegen fehlender Pflege in Jahrzehnten zerstört wurde, passiert nichts. Der südwestliche Rundweg an der Wilden Saale, entlang des in Trümmern liegenden früheren Freizeit- und Erlebnisbereiches mit Mini-Golf, Schachtischen und Schachplatten, ist nicht zuletzt durch die Jahrhundertflut von 2013 so schwer beschädigt worden, dass von der früheren Wegbeleuchtung nur noch kahle Masten und Sicherungskästen und von der einstigen Wegeschotterung nur noch Reste erkennbar sind. 

Er liegt allerdings auch nicht in einem Naturschutzgebiet. 

Im Uhrzeigersinn: Weg, der Trockenasphalt braucht, Weg, der keinen Trockenasphalt braucht, Detailaufnahme von sanierungsbedürftigem Weg und nicht-asphaltierter Weg, der in Kürze befestigt werden soll.

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