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Donnerstag, 26. April 2018

Wandern auf der Rota Vicentina: Meer geht nicht


Im Südwesten führt ein 350 Kilometer langer Weg am Atlantik bis zum äußersten Ende Europas. Warum die malerische Rota Vicentina auch für unerfahrene Wanderer ein toller Tipp ist.

Es ging nicht mehr weiter, keinen Schritt. Die junge Frau hat sich in ihre Jacke gewickelt, den Rucksack unter den Kopf geschoben und sich am Wegesrand langgestreckt. Keine 50 Meter entfernt peitscht der Atlantik die Steilküste, weißer Schaum schwimmt auf den Wellen, über denen Störche kreisen. Kein Mensch ist zu sehen, nicht vorn und nicht hinten, kein Schiff, kein Boot und ein Auto sowieso nicht. Wer hier schläft, der findet seine Ruhe.

Und wer hier wandert, tut es auch. Die Rota Vicentina, die von Santiago do Cacém im Norden über 350 Kilometer bis zum Cabo de São Vicente am äußersten südlichen Zipfel Portugals führt, ist ein einsamer Pfad. Verglichen mit großen Pilger- und Wanderrouten wie dem Jakobsweg in Frankreich und Spanien oder der Annapurnarunde in Nepal ist die Strecke, die zumeist direkt am Atlantik entlangführt, nahezu unbekannt. Völlig zu Unrecht, denn abgesehen von hohen Bergen bietet die Rota alles, was ein Wanderer sich wünscht: Abwechslungsreiche Landschaft, wilde Natur, weite Aussichten, einsame Dörfer und idyllische Badebuchten.

Das „Schlandern“ entspannt


Die locken in der Vorsaison allerdings nicht wirklich zum Baden. Ein Nieselregen treibt vom offenen Meer herein, die Sonne versteckt sich kurz hinter einer Wattewolke. Gelb und orange leuchtet das Land hinter Almograve, wo die Rota als breite Wanderautobahn Richtung Zambujeira do Mar führt. Links Hügel, rechts steile Felsen, die zum Meer abfallen. Wer auf der Rota wandert und unterwegs nicht zelten will, der bucht Hotels auf der Strecke. Von dort aus lässt sich der Rota-Gänger dann von einem Taxi an den Start der jeweiligen Tagestour fahren oder aber am Ende der Etappe abholen und zum Hotel zurückbringen.

Genusswandern ist das, hier „Schlandern“ genannt, wie eine Mischung aus Schlendern und Wandern. Gepäck muss niemand tragen, ein kleiner Tagesrucksack für Wasserflasche, Müsliriegel und Regenjacke reicht. Dazu ein paar Karten über den Streckenverlauf, der von ein paar wenigen missverständlichen Stellen abgesehen, hervorragend markiert ist.


Die Erfinder der erst 2012 offiziell eröffneten Rota Vicentina haben die Tagesetappen auch für ungeübte Wanderer überschaubar gehalten. Die gesamte Strecke ist in Abschnitte eingeteilt, die nicht länger sind als 20 Kilometer. Da es abgesehen von Teilstrecken an der Steilküste, die sich kilometerlang über kleinere Anstiege und Abstiege erstrecken, nur Höhenunterschiede von höchstens 200 Metern zu überwinden gibt, ist das in jeweils fünf bis höchstens sieben Stunden Gehzeit gut zu schaffen.

Unterwegs geht es an zerklüfteten Klippen und Felsbögen vorbei. Winzige, menschenleere Küstenorte finden sich ab und zu am Wegesrand. Wegen der reichen Fauna und Flora ist die Costa Vicentina zum Naturschutzgebiet erklärt worden, sie heißt jetzt „Parque Natural do Sudoeste“.

Zu Recht: Über dem Steilufer von Cabo Sardao fliegen die Sturmstörche zu ihren Nestern, die wie von einer geheimen Kraft festgenagelt auf schmalen Felsspitzen selbst peitschenden Atlantikstürmen trotzen. Wie Fischadler segeln die Riesenvögel durch die Böen, um die Horste mit neuen Zweigen in Schuss zu bringen. Am Wegesrand des Trilho dos Pescadores - zu deutsch Fischerpfad - blühen Blumen in allen Farben. Der Weg mäandert durch Pinienwälder und weiße Dünen. Das einsame Haus dort oben soll einmal Amália Rodrigues gehört haben, der „Königin des Fado“, des klassischen Klagegesangs der Portugiesen, die es lieben, Liebe, Ungerechtigkeit und Alter in Liedern voller Herzblut und wilden Tonsprüngen zu besingen.

Die letzte Thüringer Bratwurst


Das Ende der Welt - an der Costa Vicentina ist es nie allzuweit weg. Dabei scheint alles hier zugleich unendlich: Der Weg, der Himmel, die bizarren Felsen, die drei Meter hohen Wellen, die Wände aus Schiefer, Sandstein und Granit, die spritzende Gischt und die Schaumflocken, die bis 30 Meter hoch fliegen. Weil sich an der Rota die afrikanische Platte unter die europäische schiebt, stehen ganze Küstenabschnitte schief. Sie wirken, als würden sie gleich umfallen - oder seien es schon. Es wäre genug Platz da. Die Rota Vicentina verläuft ja entlang des äußersten Westens Europas. Gegenüber, 5 700 Kilometer entfernt, hinter ein paar winzigen Azoren-Inseln, liegt Atlantic City im US-Bundesstaat New Jersey.

Nach Süden zu, immer den Weg lang, ist am Leuchtturm am Cabo de São Vicente Schluss. Ein Kiosk bietet Thüringer Bratwurst, die letzte vor Amerika, wie Wirt Wolfgang Bald wirbt. Ringsum ist Wasser. Meer geht nicht.

Donnerstag, 31. März 2016

Ohne Moos nix los

Es grünt so grün im Unterholz, vor allem auf der Ostseite des Naturschutzgebietes Peißnitz Nordspitze. Ohne Moos wäre hier gar nichts los.

Dienstag, 3. Februar 2015

Mit Silberjodid: Reisebüro bietet blauen Himmel auf Wunsch

Als der Autovermieter Sixt den angeblichen Ex-NVA-Piloten Sandro Wolf ausschickte, um vermeintlich viel zu häufige Regenwolken über dem Süden Sachsen-Anhalts mit Hilfe von alter sowjetischer Wettertechnologie wegzubomben, war das nur ein Witz.

Die beiden Briten Ravi Sabharwal und Oliver Bell aber meinen es nun ernst. Ihr auf Luxusurlaub spezialisiertes Reisebüro Oliver’s Travel bietet jetzt auch die Möglichkeit an, für eine Hochzeitsfeier, die Party zum 70. oder jede andere Gelegenheit zum edlen Schloss an der Loire oder dem feinen Château in der Dordogne bestes Wetter nach Wunsch hinzuzubuchen. Für schlappe 132 000 Euro geben die Traumreise-Experten eine Wunschwetter-Garantie per Cloud Bursting: Metereologen und Piloten injizieren dazu Silberjodidteilchen in die Wolken, die so veranlasst werden, abzuregnen, ehe sie die Feier stören können.

Eine Methode, die auf den US- Meteorologen Vincent Schaefer zurückgeht, aber erst am Moskauer Institut für atmosphärische Technologie praxistauglich gemacht wurde. Damit Stalin bei Mai-Paraden nicht nass wurde, sorgten Silberjodid-Flieger für klaren Himmel. Später ließ auch Wladimir Putin die Feier zum 60. Jahrestag des Sieges von Cloud-Bursting-Bombern trockenlegen.

Die Technik ist also bewährt, nur die Rechtslage in der EU unsicher. Während Sabharwal und Bell über Frankreich schon nach Herzenslust Sonnenschein säen dürfen, tun sich andere Länder schwer. Großbritannien und Italien sollen zwar bald folgen, in Deutschland aber muss weiter auf Sandro Wolf vertrauen, wer sich schönes Wetter wünscht.

Freitag, 31. Mai 2013

Kind der DDR: Wie der Begriff "Starkregen" entstand


Älteren Menschen ist der Begriff aus den eigenen Kinder- und Jugendtagen keiner. Ein Wort "Starkregen" existierte nicht - jedenfalls nicht vor dem Jahr 1957. Damals tauchte die starke Vokabel zum ersten Mal in der Tageszeitung "Freiheit" auf, in einem populärwissenschaftlichen Text, der meterologische Phänomene erklärte. Darunter eben auch den "großtropfigen Starkregen" (Zitat).

So imposant das klang, durchsetzen konnte sich die Formulierung nicht. Nach der Erfindung des „Starkregens" wurde das Wort ausweislich des "Freiheit"-Archives bis 1977 nur dreimal verwendet. Zwischen 1977 und 1990   musste der originär ostdeutsche Begriff "Starkregen" sogar als Kreuzworträtselvokabel überwintern. Sei es, dass es zuwenig regnete. Sei es, dass der Regen zu schwach für starke Worte war (Foto oben: so sonnig war die DDR).

 Immerhin ein kleiner Zwischenerfolg im Jahr 1987: Erstmals wagte der renommierte "Spiegel" im Jahr des Honecker-Besuches eine Verwendung der Ost-Erfindung.  "Grober Unfug" heißt der Text, der "öffentlich Anklage gegen einen gewissen Herrn Sommer" (Zitat) erhebt, denn  der war damals - etwa wie heute der Frühling - "eine Zumutung für den Menschen" (Zitat).

Es muss dann aber besser geworden sein, denn erst 1994 wechselte der "Starkregen" regelmäßig in die Wetterberichterstattung. Seit 1998 dann macht das Wort bundesweit eine beeindruckende Karriere: Im Archiv der Mitteldeutschen Zeitung gibt es heute sagenhafte 1900 Fundstellen zu dem Wort. Dabei datieren 95 Prozent aus der Zeit nach 1998. Beim „Spiegel" spiegelt sich dieselbe Entwicklung: 80 mal taucht "Starkregen" im Archiv der Hamburger auf. 75 mal nach 2001.