Donnerstag, 6. März 2014

Gute Gene: Wir sind Pharao

 Briten, Spanier und Franzosen sind ein bisschen mehr Pharao als die Deutschen - das ist das Ergebnis von Versuchen, bei denen Wissenschaftler vom Schweizer Genealogie-Center iGenea das DNA-Profil des Pharaos rekonstruierten, dessen Mumie 1922 in einer Grabkammer im ägyptischen Tal der Könige entdeckt worden war.

Über ganz Westeuropa gerechnet gehörten durchschnittlich mehr als 50 Prozent aller Männer zur Haplogruppe R1b1a2, was bedeutet, dass sie gemeinsame Vorfahren teilt. Unter heutigen Ägyptern dagegen ist nur einer von hundert Menschen mit Tutanchamun verwandt. Das liege wohl daran, dass sowohl die Vorfahren des Pharao, der Ägypten vor rund 3 200 Jahren regierte, als auch die von Spaniern, Franzosen, Briten und Deutschen gemeinsame Wurzeln haben, glaubt iGenea-Chef Roman Scholz. Die Angehörigen der Haplogruppe R1b1a2 seien wahrscheinlich rund 7 000 Jahre vor Beginn der Zeitrechnung aus dem Kaukasus nach Europa gekommen. Unklar sei, wie Tutanchamuns Familie vom rechten Weg abkam und statt in Westeuropa in Ägypten landete.

Die Forscher wollen jetzt mit DNA-Tests nach den nächsten lebenden Verwandten des Königs suchen. Für alle anderen, die gern wissen möchten, ob sie selbst auch ein bisschen Pharao-Gen haben, bieten die DNA-Spezialisten einen Heimtest an. Für knapp 150 Euro zeigt eine Speichelprobe, ob Pharao oder nicht.

Montag, 3. März 2014

"Viele von denen haben noch nichmal jekleecht"

Waldemar Schmidt ist sauer, stinksauer. „Stehen hier wie die Orgelpfeifen und wissen gar nicht, was sie treiben“, sagt der 89-Jährige und weist mit der Hand empört hinüber zum Demoblock der Rechtsradikalen, der hinter einer Absperrung Aufstellung genommen hat, um gegen eine vermeintliche „Asylflut“ durch die Domstadt zu ziehen. Schmidt, der „wegen Hitler“, wie er sagt, viereinhalb Jahre in Sibirien in Gefangenschaft saß, würde am liebsten hinübergehen und den rund 70 Neonazis „den Arsch versohlen“, wie er sagt. „Die wedeln hier mit einer Fahne, die uns schon mal ins Verderben gestürzt hat.“

Der ganze Text: steht hier

Freitag, 28. Februar 2014

Himmler: Die Banalität des Privaten

Nicht in den Briefen findet sich diese eine einzige von SS-Chef Heinrich Himmler überlieferte Aussage, die nahelegt, dass der Hauptorganisator des Holocaust sich im Klaren darüber war, welche Aufgabe er mit dem Massenmord an den Juden übernommen hatte. Nein, in "Himmler privat", dem von Katrin Himmler und Michael Wendt zusammengestellten Band mit Briefen Himmlers und Auszügen aus dem Tagebuch seiner Frau Marga ist der Satz nicht zu finden. Der Satz, der von dem "niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte" spricht und aus jener geheimen Rede zitiert, die Himmler 1943 vor SS-Angehörigen hielt, um ihnen das "moralische Recht" zu verdeutlichen, das Deutsche angeblich hätten, das jüdische Volk auszurotten.

In seinen privaten Briefen aber schwieg Hitlers willigster Helfer über dieses Recht wie über seine ganze Arbeit. Weil er selbst Zweifel hatte? Oder weil er keine kannte? Weil er fürchtete, der mörderische Charakter des Naziregimes werde dadurch allzu deutlich? Oder weil er glaubte, seine "geliebte, kleine Frau" (Himmler) könne die ganze fürchterliche Wahrheit vielleicht nicht vertragen? Die Person, die in diesem Band aus ihren hinterlassenen Selbstzeugnissen hervorsteigt, spielt die Rolle des gutherzigen, um das Wohl anderer bedachten germanischen Ritters, so weit sie es vermag. Gerade am Anfang der Beziehung zur drei Jahre älteren Marga Siegroth, die Himmler im Alter von 27 Jahren kennenlernt, scheint das größte Bemühen des künftigen "Reichsführers SS", die Angehimmelte zu erobern.

Täglich schreibt er ihr, täglich antwortet sie, so verraten es die Briefe, die bis hierher ihre eigene Odyssee hinter sich gebracht haben. Nach dem Krieg wurden sie von US-Soldaten als Trophäe mit nach Hause genommen, ein Teil landete als Mikroverfilmung in Israel. Hier entdeckte sie die Regisseurin Vanessa Lapa, kaufte sie und verarbeitete das Material zu einer Dokumentation. Zusammen mit dem Historiker Michael Wildt besorgte Himmlers Großnichte Katrin Himmler die Übersetzung der Dokumente in Buchform, durch die Auswahl der Briefe und einordnende Begleittexte.

Das seltsame daran ist, dass Heinrich Himmler so nicht zu greifen ist. Anfangs zumindest schimmert hinter der Fassade des weltläufigen Parteiredners, als der er sich inszeniert, noch ein wirklicher Mensch hervor. Das Paar umgarnt einander, sie heißt ihn "Landsknecht" und "Dickkopp", er rühmt sie als "hohe Frau" und "liebes Frauchen". Politisch kommt von seiner Seite nichts, von ihrer ein wie selbstverständlich gereichter Judenhass, der auch vor Himmlers Parteigenossen nicht halt macht: "Gott, sieht der Dr. Goebbels jüdisch aus", schreibt sie, "schon die herübergekämmten Haare..."

Himmler liest und schweigt. Er möchte so gern intellektuell wirken und schickt seiner Liebsten Lesetipps. Er ist ein steifer Romantiker mit Hang zur Algebra, er nummeriert seine Briefe durch. Später gehen ihm unübersehbar die verliebten Floskeln aus. "Ich küsse Dich und habe dich unendlich lieb" wird Standard. Ebenso wie das Schweigen über das, was er tut. Himmler sieht sich selbst in einem Kampf, für den er das Private opfern muss. Doch es wirkt, als opfere er es gern, weil er umso mehr von seinem Opfer reden kann. Nur elf Jahre, nachdem er Marga kennengelernt hat, legt die nunmehrige Nummer drei des Hitlerstaates sich eine Nebenfrau zu: Die zwölf Jahre jüngere Hedwig Potthast soll ihm weitere Kinder schenken, weil Marga das nicht mehr vermag.

Thema in den Briefen, die immer noch hin- und hergehen zwischen den Eheleuten, ist das nicht. Hier schreibt Pappa an Püppi, wie er Tochter Gudrun nennt, oder an "Mami", wie Marga sich nun nennen lassen muss. Sie spricht nun nicht mehr vom "Geliebten", sondern nur noch vom "lieben Guten".

Es ist die Banalität des Privaten, die diese Briefe so beklemmend macht. Dass der Massenmörder Magenschmerzen hatte, dass er den treusorgenden Ehemann nur spielte und seine Tochter wohl wirklich liebte, ganz im Gegensatz zu seinem Ziehsohn, führt keinen Millimeter näher an die Motive von Hitlers Vollstrecker Heinrich Himmler. Der präsentiert sich in seinen Privatbriefen spätestens ab 1943, als bastele er schon am Bild für die Nachwelt. Den letzten Brief nach Hause setzt Himmler am 17. April 1944 auf.

Es ist der erste, den er mit "Heil Hitler!" unterschreibt.

Sonntag, 16. Februar 2014

Readfy bietet Bücher werbefinanziert

Vorerst wird es nur ein Beta-Test für rund 5 000 Benutzer sein, läuft der aber wie geplant, schickt sich das Düsseldorfer Unternehmen readfy an, die Lesewelt zu revolutionieren. Kein Wunder, denn das eBook-Abo des Startups soll kostenlos sein - Lesefreunde können zum Start der eBook-App aus 15.000 Buchtiteln wählen, ohne dafür zu zahlen.

Der Trick ist die Werbefinanzierung des Dienstes, der das Google-Prinzip der kostenlosen Angebote ins Reich der Literatur holt. Die Free Version von readfy - später soll es auch werbefreie Bezahlvarianten geben - blendet Werbebanner ein, gelegentlich, wie der Anbieter beschreibt.

Wer mitlesen will, muss sich nur unter www.readfy.com registrieren und die App heruntergeladen. Die bietet ihm dann übersichtlich nach Genres sortiert die verfügbaren Buchtitel, die mit dem integrierten eBook-Reader auf Smartphones und Tablets gelesen werden können. Zum Start ist die App für Android-Greäte verfügbar, Versionen für iOS-Systeme sollen im Sommer zur Verfügung stehen.

Die Testphase, in der die readfy-App für 5 000 Testnutzer verfügbar ist, übersetzt das erfolgreiche Prinzip des kostenlosen Streamings von Musik und Filmen auf die Buchbranche. Das sei weltweit völlig neu, heißt es bei der jungen Firma, die ihr weiteres Wachstum mit einer gerade gestarteten Crowdinvesting-Kampagne finanzieren will.

Zum Betatest: hier klicken