Donnerstag, 15. Januar 2015

Tagesschau: Verschwörer am Werk

Am Tag nach dem Auffliegen der Inszenierung der Symbolfotos vom Auftritt der Staatsspitzen beim Trauermarsch in Paris räumten große Nachrichtenagenturen ein, dass die gewählte Bildauswahl zu Missverständnissen einlud. Die Spitzenpolitiker waren nicht etwa an der Spitze der Demonstration gelaufen, sondern allein durch eine Straße weitab vom Platz der Republik. Erst gezielte Bildausschnitte und die Kombination von zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten angefertigten Videos hatten den Eindruck erweckt, Angela Merkel und die anderen Staatschefs seien Teil der Menschenmenge gewesen.

Die Wogen schlugen hoch. Vom „Independent“ über den „Spiegel“ bis zu MZ und „taz“ mühten sich Zeitungen, den falschen Eindruck geradezurücken. Nicht so Tagesschau-Chef Kai Gniffke. Dessen Redaktion hatte am Sonntagabend eine halbe Minute lang Videomaterial vom vermeintlich gemeinsamen Marsch der Politiker und der Bevölkerung gezeigt, dabei aber nicht erwähnt, dass beide Veranstaltungen getrennt voneinander stattgefunden hatten.
Auf Tagesschau.de nennt Gniffke, der seit 2006 Chef von ARD aktuell ist, den Vorwurf, die Zuschauer damit manipuliert zu haben, eine „wilde Verschwörungstheorie“.

„Wenn sich Politiker vor eine Kamera stellen, ist das immer eine Inszenierung, jede Pressekonferenz ist eine Inszenierung“, schreibt er - ohne zu erwähnen, dass das bei Pressekonferenzen stets erkennbar ist, beim Auftritt der Staatsführer in Paris hingegen nicht. Dafür verweist der oberste ARD-Journalist auf die Live-Übertragung am Nachmittag. Dort sei gezeigt worden, dass die Politiker in einer abgesperrten Straße unterwegs waren.

Pech für alle Zuschauer, die keine Zeit für die Live-Sendung hatten. Und die nicht wissen, dass „die Polizei den Job verfehlt hätte, wenn sie die Leute fröhlich gemischt hätte“. Für Kai Gniffke ist die Szene in Paris einfach „eine gute Geste“ gewesen. Außerdem hätten die Kameramänner eben keinen Hubwagen gehabt. Ohnehin zeige kein Foto die Realität, und so eben auch die hier entstandenen nicht.

Der Medienkritiker Stefan Niggemeier kritisierte Gniffke dafür scharf. Der Tagesschau-Chef werfe „Nebelkerzen“, um zu verbergen, dass seine Redaktion die Menschen „eben nicht in einer Weise informiert hat, die verhindert hätte, dass eine erhebliche Zahl von ihnen sich in die Irre geführt fühlte“. Wichtig sei nicht, dieses Versagen damit zu entschuldigen, dass ohnehin alles Inszenierung sei. Sondern das Gegenteil: „Je häufiger Medien diese Inszenierungen kenntlich machen, umso größer ist ihre Chance, auch in Zukunft noch als glaubwürdig zu gelten.“ Gestern ruderte Kai Gniffke daraufhin zurück. „Viele User haben sich an meinem bellenden Ton gestoßen“, schrieb er nun, „ich fürchte, mit Recht.“ Doch in der Sache bleibt er hart: Die Staatsmänner seien dem großen Zug schließlich wirklich vorangegangen. „In dem Bericht in der Tagesschau um 20 Uhr war der Sicherheitsabstand nicht zu sehen, weil er normal ist."

Montag, 12. Januar 2015

Frank Mylius: Der Paul Potts von Halle


Er heißt Frank Mylius, ist schon mal fast bei Dieter Bohlen gewesen, wurde aber nicht zur Endrunde eingeladen. Deutschland ist so die Gelegenheit entgangen, seinen eigenen Paul Potts zu entdecken. Spaß am Singen hat Frank Mylius allerdings immer noch - und so zieht der Hallenser gelegentlich abends durch die Kneipen und singt.

Das gibt es nur in Halle, denn Frank Mylius ist kein Gitarrenschrammler und kein bärtiger Neo-Folkie, sondern ein genauso unscheinbarer Kerl wie der Brite Paul Potts, der mit einer ähnlichen Stimme singt und Millionen damit rührt. Plötzlich und ohne Ansage pflegt der kleine Mann seinen Tenor zu erheben, er singt dann klassische Oper-Arien, aber auch Sinatras "My Way" oder "You raise me up", im Original eine Baukasten-Ballade der Teenie-Band Westlife.

Bei Frank Mylius wird das alles zu großer Oper, leicht geknödelt und am späteren Abend auch mal ein bisschen verhustet. Spaß aber hat er, der Tenor, der am Biertisch sitzt, aber selbst nur selten Bier trinkt. Lieber singt er, lieber genießt er den Applaus, den es reichlich gibt. Denn Spaß hat auch sein Zufallspublikum, zumindest ab dem Augenblick, in dem sich herausstellt, dass die Befürchtung, Mylius' Gesang sei eine neue Variante von "Wolle Blume kaufen", grundlos ist. Der kleine Mann mit der großen Stimme will kein Geld. Er freut sich einfach nur, wenn sich alle um ihn sich mit ihm freuen.

Zum Youtube-Kanal von Frank Mylius

Mittwoch, 7. Januar 2015

Neil Young präsentiert den Pono-Player

Über Jahre hat Altrocker Neil Young davon geträumt, davon geschwärmt und daran getüftelt. Jetzt wird sein über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter finanzierter Pono-Player wirklich gebaut - und ab kommender Woche auch verkauft. Das Gerät soll die nach Ansicht von Young miserable Klangqualität von herkömmlichen mobilen Musikabspielgeräten in die Mottenkiste der Musikgeschichte verbannen und echten Fans wieder Gelegenheit geben, Musik so zu hören, wie sie früher klang.

Anfangs hatte Neil Young noch auf Einsicht bei Apple und Co. gehofft. Doch als die Hightech-Konzerne begannen, lieber mit Hilfe teurer Kopfhörer nachträglich am Klang zu bauen als die Ausgangsdateien so aufzubohren, dass Klanggenießer nicht weinen davonlaufen, griff Young zur Selbsthilfe. Im März startete er eine Geldsammel-Kampagne, um ein Abspielgerät mit hoher Audio-Qualität zu entwickeln.

Zusammen mit einem eigenen Download-Dienst will er damit die Musikbranche revolutionieren. Der Prototyp des Pono-Players ist dreieckig, er hat nur drei Tasten, aber 64 GB Speicherplatz, die mit Musik im reduktionsfreien flac-Format gefüllt werden können. Die Nachfrage scheint riesig, denn Young erreichte das Finanzierungsziel binnen eines einzigen Tages. Mit den inzwischen gesammelten sechs Millionen soll der kleine Klanggigant in die Serienproduktion gehen.

Inzwischen kann der Walkman 5.0 vorbestellt werden - Kostenpunkt: stolze 399 US-Dollar.

Neil Youngs Ausritt auf E-Gitarren
Neil Youngs Flirt mit dem großen Orchester
Neil Youngs Besuch in der Telefonzelle

Dienstag, 23. Dezember 2014

Königreich Deutschland: Der König der Diebe


Es war einer seiner bizarren Auftritt vor Gericht. Peter Fitzek, selbsternannter Imperator des Kleinstaates "Königreich Deutschland", ließ die Welt vor der Fortsetzung eines Prozesses vor dem Amtsgericht in Dessau wissen, dass er gegen die staatlichen Maßnahmen der Bundesrepublik, die seine junge Nation bedrohen, bald "noch viel krasser" zurückschlagen werde. Er sagte nicht genau, wie. Aber er sagte es geradeheraus in die Kamera.

Den dabei entstandenen Dokumentarkurzfilm (oben) schnappte sich das stets auf digitaler Höhe spielende monarchische Multimediateam, es wurde heruntergeladen in die königlichen Digitalwerkstätten, ein paar Filter fielen drüber und die Tonspur wurde gesäubert.

Anschließend erstand der Film neu, nun unter dem aufrüttelnden Titel "Sei die Veränderung, die Du in der Welt sehen willst!". Fitzek hält immer noch seine Rede, die Fischaugenverzeichnung der Original-Aufnahmeoptik ist unverkennbar.

Als Bildquelle hat die herausgebende "AG Dezentral" des Königs der Urheberrechtsdiebe im Stil der "Tagesschau" ein nettes "Youtube" angegeben.