Mittwoch, 7. Oktober 2015

Günthi Krause: Ein Nachmittag im Erinnerungshotel

Nach 50 Jahren im Geschäft dachte der Conférencier schon einige Jahre vor seinem Tod ans Karriereende - aber Aufhören konnte er dann doch nie.

Diese verfluchten Zelte. Wie ein Stadion so groß, weiß wie ein Krankenzimmer, kahl und leer. "Keine Atmosphäre", befindet Günther Krause, "ich muss nur einen Schritt reintun, um zu wissen, dass das nicht schön wird." 20 Leute auf 800 Quadratmetern, Baumarktgestühl, Pappteller und Plastikbecher. Der Hallenser Günther Krause, als Conférencier Günthi Krause fast ein halbes Jahrhundert eine Institution der hohen Kunst der Programmansage, lässt seine Gesichtszüge kurzzeitig entgleisen. "Buhh" blasen die Backen, "uhh" jammern die Mundwinkel.

Doch keine Sause ohne Krause! Entschlossen beißt er in seinen Pfannkuchen. "Da heißt es kämpfen", orgelt die sonore Mikrofonstimme. Aufgabe eines Conférenciers sei es, für andere "den Teppich auszurollen und Spannung" aufzubauen . "Manchmal bleibt da nur ein alter Trick", grient Krause mit goldenem Blinken, "dass man sich an die Damen ranschmeißt oder ein paar Witze rauszaubert."
Keiner kann das besser als der schlanke Herr mit dem weißen Schopf, der einst angetreten war, die großen Heldenfiguren zu spielen. Ein Schmunzeln blitzt: "Und die Liebhaber natürlich."

14 ist Günther Krause, als ihm aufgeht, dass er Schauspieler werden will, ja, werden muss. "Wenn ich ins Kino ging, habe ich immer gedacht, das kannste auch." Vorerst verhindern Krieg und Einberufung den Karrierestart des gebürtigen Erfurters. "Ich kam nach Italien, wurde verwundet, die Franzosen nahmen uns gefangen und brachten uns rüber nach Afrika." Schwere Zeiten für Oberfähnrich Frohnatur. Das linke Bein ist kaputt, der Unterarm zerschossen. Es gibt kaum etwas zu essen, der einzige Trost sind die Proben der Häftlings-Theatertruppe. "In Tunis habe ich abends oft wach gelegen und gedacht, das war's, hier kommst du nicht mehr lebend weg."

Drei Jahre dauert das Martyrium, und erst als Krause schon glaubt, der Krieg würde nie mehr enden für ihn, bringt ihn ein Schiff zurück nach Hause. Hurra, wir leben noch! "Das erste, was ich gemacht habe, war die Aufnahmeprüfung." Talent bescheinigen ihm alle auf der Schauspielschule. "Und ich habe dann auch ganz manierliche Rollen gespielt", sagt der Mime stolz.

Bei 350 Mark Gage aber musste man sehen, dass die Butter zum Brot anderswo verdient wird. Günther Krause, der gemeinsam mit Rolf Hoppe am Theater der Jungen Garde in Halle engagiert ist, beginnt zu tingeln und in Dorfsälen und Stadthallen bunte Programme anzusagen. Der Solo-Erfolg kitzelt das Selbstbewusstsein. "Ich habe schnell gemerkt, das ist meine wahre Bestimmung."
Gelacht und mitgemacht

Ein Dampfplauderer ist Krause, eine Quasselstrippe, ein schnatternder Sonnenschein in jedem trüben Saal der DDR. "Günthi" nennen sie ihn und schon der Name kommt daher wie ein festgebügeltes Lachen. "Gelacht und mitgemacht" oder "Scharfe Blitze - dufte Witze" heißen die Programme, mit denen der Charmeur über Land zieht, begleitet von Sängern, die sich "Die 3 singenden Optimisten" nennen. "500 Mal sind wir damit aufgetreten", schwärmt er, "dann kamen die Einladungen an große Häuser."

Die Karriere des Quasselkrause, der 180 Silben in der Minute ins Publikum sprudeln kann, nimmt einen steilen Aufschwung. Lindenhof, Steintor, Friedrichstadtpalast - die Beweise hütet Krause sorgsam in Mappen und Klemmheftern, ganze Stapel Programme, Fotos und Zeitungsausschnitte erzählen in der kleinen Altneubauwohnung von der großen Zeit des Varieté. "Die Menschen standen oft stundenlang an, um uns zu sehen", schwärmt Krause beim Durchblättern mit verhangenem Blick. Zeiten waren das. Zeiten! "Der Günthi" ist in jenen Tagen ein Star, ein Mann, den die Frauen anhimmeln und die Kollegen mögen.

Er ist Stammgast im Fernsehen und auf den großen Pressefesten, er plaudert mit SED-Größen wie Achim Böhme und Horst Sindermann, und mit dem DDR-Staatszirkus darf er sogar mal eine richtige BRD-Tournee absolvieren. Krause fügt sich leicht in die Spielregeln der sozialistischen Unterhaltungskunst. Aufmucken und Ducken, Protestieren und Funktionieren. Humor ist, wenn man trotzdem lacht - Günthi Krause gleicht so dem ultimativen Gesamt-DDR-Bürger. Er tritt in die Nationaldemokratische Partei ein, um den Werbern der SED "den Wind aus den Segeln zu nehmen". Bei Großereignissen ist er unschlagbar im spontanen Vorlesen von Conférence-Texten, die sicherheitshalber anderenorts verfasst wurden. Hier und da kassiert er ein Auftrittsverbot, "weil meine Witze zu scharf waren". Und entschlüpft am Ende unbeschädigt, denn "wenn es gar nicht ging, hat der Sindermann die schon zurückgepfiffen".

Richtige Privilegien aber habe er nie gehabt, sagt er heute, mit 78 ein straffer Kerl mit präsidialen Gesichtszügen. "Wir haben immer zur Miete gewohnt, und als ich einen Volvo kaufen sollte, hat meine Frau gesagt, den wollen wir nicht." Günthi, die Conférence-Legende, gurkt weiter mit seinem VW Käfer durchs Land, 65 000 Kilometer im Jahr und jeder davon "selbst gefahren". Nur als der treue Volkswagen es nicht mehr macht, nutzt Krause seine Beziehungen. "Ein Bekannter ist mit einem Käfer in die DDR gekommen, wir haben die Nummernschilder getauscht, und er hat meine alte Karre mitgenommen."


So ist die Welt prima eingerichtet für den Sauna-Fan und Ausdauerschwimmer, der bis heute regelmäßig um seinen Ruf als Frauentyp krault. In der kleinen DDR ist er der Ansager für alle Fälle, ein Name mit Klang, wenn auch manchem unklar bleibt, was da klingt. Aber keine Sause ohne Krause!

"Das Angebot aus Bayern hat uns über die Wende gerettet", umschreibt der Allgegenwärtige zwischen zwei Schlucken Gesundheitstee. Im Osten ist 1990 nämlich plötzlich Pause auch für Krause. Keine Angebote, keine Auftritte, alle Verbindungen gekappt. Ein Fangschuss für die Eitelkeit des Entertainers. Drei Jahre überwintert der Possenreißer aus der Provinz als Anheizer in einem Freizeitpark, "sechs Vorstellungen am Tag, meine Frau musste die Kasse machen". Nein, er wird sich nicht beklagen: "Denn dann ging es ja zum Glück wieder los."

Er kann nicht anders, er gibt es zu. "Als meine Frau gestorben war, dachte ich, ich kann nie mehr auf eine Bühne steigen." In Zeitlupe nur stolpern die Worte jetzt, und die Augenwinkel schimmern. "Aber nach ein paar Monaten wusste ich, dass ich wieder vor die Leute muss." Es ist eine Sucht, eine Droge, das Witze-Erzählen und Plaudern, den Leuten nahe sein und ihren Applaus prasseln zu hören, egal ob bei der Gala im Altenheim oder auf der Baumarktschaffe. "Ohne das gehe ich ein."
Sollen sie doch ihre neumodische Comedy machen. Sollen sie seine Späße schal und seinen Witze von vorgestern nennen. Sein Publikum frisst ihm immer noch aus der Hand, oder? Die Anfragen stapeln sich! Damen strahlen, wenn er einmarschiert. Und Kollegen von früher staunen: "Mensch, bist du jung geblieben!"

Keine Sause ohne Krause, sagt er dann, weil die alten Kalauer doch die besten sind. Er fühlt sich toll in Schuss, Bombenform, kein bisschen müde. Aber nur noch ein Jahr, schwört der Conférencier, dann ist Schluss. Kein Witz! Günthi Krause schmunzelt golden. Er hat gerade erst begonnen, seinen eigenen Abgang anzusagen. Der Teppich liegt, die Spannung steigt.

Mittwoch, 30. September 2015

Dave Rawlings: Musik aus einer Holz-Maschine



Er ist einer dieser Querköpfe, die von Musikerkollegen gerühmt werden, beim großen Publikum aber nur Eingeweihten bekannt sind. Der Amerikaner Dave Rawlings, ursprünglich aus Rhode Island stammend, macht es Liebhabern fein ziselierter Folk-Musik aber auch nicht leicht. Eine ganze Karriere lang blieb er im Schatten seiner Lebenspartnerin Gillian Welch. Wenn er Freunden wie Ryan Adams oder Conor Oberst (Bright Eyes) mit seinem unverwechselbaren Gitarrenspiel half, hängte er das nie an die große Glocke.

Dass Rawlings mit seiner Vorliebe für eine Epiphone Olympic-Gitarre aus dem Jahr 1935 unter seinesgleichen eine große Nummer ist, konnte allerdings sehen, wer den Led-Zeppelin-Bassisten John Paul Jones begeistert Mandoline für ihn spielen sah.

Bei Nashville Obsolete, seinem zweiten Album, verzichtet der bereits mit dem Lifetime-Award der Americana Music Association ausgezeichnete große Unbekannte des Americana-Rock dennoch auf prominente Hilfe. Stattdessen hat er die sieben Songs gemeinsam mit Paul Kowert (Punch Brothers) am Bass, Willie Watson an der zweiten Gitarre und den Gästen Brittany Haas an der Geige und Jordan Tice an der Mandoline eingespielt. Dazu kommen Violinen, Banjos, ein wenig Schlagwerk und viel Satzgesang.

Das reicht allerdings völlig, um aus dem an Neil Young erinnernden „The Weekend“ oder dem flotten Picking-Stück „The Last Pharao“ Lieder zu machen, die die ganze Weite der Prärie zu atmen scheinen. Spätestens wenn Rawlings dann „Pilgrim“ anstimmt, wünscht man sich nur noch ein Auto, einen Highway und fünfzig Jahre Urlaub.

daverawlingsmachine.com


Donnerstag, 24. September 2015

Saalebild fürs Sofakissen

Weil hier so viele Anfragen nach dem Bild von der Saalebrücke bei Dehlitz eingegangen sind, dass ich schlicht nicht mehr die Kraft und die Zeit habe, das Foto auszudrucken und mit der Post zu verschicken oder auch nur zu mailen, habe ich mal was Neues ausprobiert. Bei mobile-prints.com kann man sich das Motiv - und ein paar andere Bilder - jetzt ordentlich ausdrucken, auf ein Kissen nähen oder als Metallplatte nach Hause schicken lassen.

Photography Prints

Dienstag, 22. September 2015

Renft: Warum werden die nicht liquidiert

Thomas "Monster" Schoppe ist der Sänger der Renft-Combo - immer noch.

Heute vor 40 Jahren wurde seine Band verboten. Thomas Schoppe, genannt "Monster", wurde arbeitslos, musste schließlich in die Bundesrepublik ausreisen. Eine offene Wunde immer noch, aber auch eine Geschichte, die zeigt, wie sich mit Würde die eigene Würde behaupten lässt.  

Ein Interview, das auch schon wieder historisch ist, denn es stammt von 1995. Aber an der Geschichte hat sich ja nichts geändert.

Thomas Schoppe - Warum nehmen Sie den Puhdys nichts übel?

Schoppe: Nun - wir als Renft sind halt damals verboten worden und die Puhdys haben nicht dagegen protestiert, sondern in der DDR groß abgesahnt. Wir haben uns im Westen irgendwie durchgeschlagen, die haben sich hier eingerichtet. Das ist vielleicht nicht gerecht, aber so laufen die Dinge in der Welt. Da kannst du nicht gegen machen. Ich habe im Leben genug durch, um zu wissen, daß es keinen Sinn hat, sich darüber aufzuregen. Aus unserer Sicht war es damals logisch, sich verbieten zu lassen und ich bedauere das auch heute noch nicht. Andere sehen das sicher anders.

Man sagt, Renft hätten damals direkt auf ein Verbot hingearbeitet?

Schoppe: Ach, hingearbeitet. Wir lebten doch in einer Traumlandschaft, in der wir uns gegenseitig Mut gemacht, ja, uns auch gehuldigt haben. Nicht alle aus der Band, aber der kritische Kern um Pannach, Kuno und mich. Wir haben ja damals allesamt nicht schlecht gelebt hier. Was heißt nicht schlecht, gut, sehr gut haben wir gelebt. Aber Kuno und Pannach kippten die Band. Plötzlich haben wir andere Prioritäten gesetzt. Alle anderen waren zu der zeit raus aus der Diskussion. Wir haben Marcuse gelesen und über solche Sachen wie den Prager Frühling sind wir ja nie fertig geworden, rot wie wir waren. Wir wollten dann also bestimmte Sachen, die uns nicht passten, provokant vorbringen.

Hat Euch überrascht, daß man darauf so hart reagierte?

Schoppe: Gedacht haben wir das nicht. Aber es war uns eigentlich auch egal. Was heute keiner mehr wissen will: Renft waren ja damals schon am Ende. Klaus hatten wir als Bandchef abgewählt, Kuno wollte aussteigen, Jochen mochte auch nicht mehr. Für mich war das Kapitel DDR eh´ schon abgeschlossen. Ich habe ja die Unmöglichkeit gesehen, bestimmte Dinge in der DDR öffentlich zu machen. Deshalb haben wir ja auch alle Warnungen von Havemann nicht beachtet.

Wovor hat der Euch denn gewarnt?

Schoppe: Havemann meinte, daß die Stasi bestimmte Sachen mitmacht, so wegen des lieben Friedens. Aber bei anderen haut sie drauf. Wir haben früh um zehn in der Leipziger Kneipe „Cockpit" gesessen, total benebelt natürlich, und aus dieser Sicht war es ganz normal, daß man völlig frech und respektlos da rangeht. Wir waren ja so unverfroren! Manchmal haben wir die Leute auf der Straße angebrüllt: Geht nicht mehr arbeiten für diesen Scheiß-Staat und so. Mein Gott, waren wir daneben.

Man hat ja dann noch eine Art Wiedereingliederung an Euch erprobt.

Schoppe: Kann man so sagen. Erst kriegten wir noch eine Polen-Tournee hinterher geschmissen, sozusagen zur Beruhigung, dann versuchten sie, Kuno und mich zur NVA-Reserve einzuziehen. Ein Witz. ich bin da gleich hin und hab´ rum geschrien: Scheiß-Laden, kommt nicht in die Tüte, daß ich hier bleibe. Wir sind dann wieder gegangen, und die haben uns gehen lassen.

Die Stasi hat Euch aber auch nach eurer Ausreise in den Westen immer im Auge behalten?

Schoppe: Ja, klar. Da ging das erst richtig los. In Leipzig hatten die Stasileute noch einen Rüffel von Mielke selber bekommen: „Warum kann man diesen Typen nicht habhaft werden? warum werden die nicht liquidiert?" hat er gebrüllt. Da haben sie dann aufgepaßt. Bei mir war ständig die ganze Heinstraße voller Spitzel. Ich wollte bloß noch raus.

Im Westen kam dann die Ernüchterung?

Schoppe: So war das. Kuno und Pannach hatten ja da schon Auftritte mit Biermann und so gehabt und blöde Interviews im „Spiegel". Das war so die Nummer „Märtyrer im Vorprogramm". Aber als ich rüber kam, bin ich auch erstmal da hin. Das war so diese Szene Alternative und Spartakisten und K-Gruppen. Die standen im Foyer wie die Jesuiten. Ich dachte nur: Oh Gott, wo bist du hier? Ich konnte das nicht lange machen, dieses „huch wir armen DDR-Liedermacher" Eigentlich bin ich doch ein Rocker.

Aber als Rocker warst Du nicht gefragt?

Schoppe: Im Nachhinein betrachtet hätte es klappen müssen. Wären wir nicht so blöd gewesen, hätten wir das Ding ganz politisch aufgezogen und voll kontra DDR gemacht. Das hätten uns alle abgekauft. Allerhöchstens hätte es was gekostet, einen tödlichen Unfall auf der Transitstrecke oder so. Aber wir haben es falsch angefaßt. Windminister war unsere West-Renft-Band. Aber zum ersten Auftritt im Quartier Latin hatte die Stasi so viele Westkommunisten gekarrt, die mit Parteiauftrag Buh! geschrien haben, noch ehe wir eine Note gespielt hatten. Weil sie dachten, wir würden genau das machen - politisch und gefährlich sein. Dabei waren wir das gar nicht. Wir waren so theologisch, philosophisch. keine Protesttexte so nach dem Motto „Auf ihn mit Gebrüll!" Nach der Pleite sind alle weggelaufen. Zuerst der Gitarrist, dann die Trommlerin. Und das wars dann.

Wovon hast gelebt?

Schoppe: Meine Frau war ja noch in der DDR aus der Partei ausgetreten, nachdem die sie gebeten hatten, auf mich „einzuwirken". Die ist dann mit mir in den Westen, als Zahnärztin hat sie da gut verdient. Die hat mich so mit durchgeschleppt, anfangs wenigstens. Später hat sie mich verlassen. Auch meinen Sohn habe ich dadurch verloren. Scheiße. Ich habe dann in einem Kinderheim gearbeitet. Mich so durchgeschlagen.

Zu Kinderheimen hast Du ja eine besondere Beziehung?

Schoppe: Kann man so sagen. Nach dem Tod meiner Mutter bin ich Anfang der Sechziger selbst in ein Heim gekommen. Als ich dann kurz nach dem Mauerbau mit einem Kumpel versucht habe, Ecke Baumschulenweg über die Grenzbefestigung zu klettern, um rüber zu meiner Tante in Lübeck zu kommen, haben sie mich in ein Heim für etwas härtere Jungs gesteckt. Sitten wie im Strafvollzug. Dort bin ich auch zur Musik gekommen, über diese Merseybeat-Sachen.

Und wie ging es weiter?

Schoppe: Na ja, mit unserem Axel-Kien-Quartett sind wir so über die Dörfer getourt. Borna - Delitzsch und zurück. Eines Tages kam Klaus (Renft), in Gaschwitz war das, und hörte zu. Ich war total aufgeregt. Klaus war ja schon eine relative Berühmtheit. Ich bin dann nachher zu ihm hin, und habe mich entschuldigt, daß ich soviel Scheiße gespielt habe. Da sagt der: „Weißte, wie oft mir das passiert?" Ich wußte damals noch nicht, was das für ein wahrhaftiger Satz ist.

Ist er so schlecht?


Schoppe: Hör dir doch mal diese alten Sachen an. Das ist doch schauderhaft. Der Klaus nuschelt doch nur da unten rum, brumm, brumm. Das ist teilweise fürchterlich. Da sind solche Gurken drin! Aber das will ja keiner hören. Es hat ja vielleicht noch einen gewissen Charme, wenn man die Umstände betrachtet, unter denen das gemacht wurde. Aber das kannst du doch heute nicht mehr anbringen. Heute werden doch andere Maßstäbe gesetzt.

Ist das der Grund, warum man von Renft seit der Wiedervereinigung der Band nichts Neues gehört hat?

Schoppe: Es kommt ja nichts aus der Band. Früher hatten wir mit Cäsar und Kuno und mir drei gleichwertige Sänger, mit Cäsar und Kuno zwei erstklassiger Arrangeure. Das ist natürlich nicht mehr da. Wir sind uns auch nicht einig. Ich will nicht mehr diese olle Gitarrenmucke machen. Gitarren sind so langweilig. Aber da sind wir uns nicht einig. Und es ist ja auch schwer. Klaus hat natürlich Angst und ich auch - alles, was wir machen, wird an dem gemessen werden, was Renft vor zwanzig Jahren war. Da wird das Urteil logischerweise härter. Ich fände es auch blöd, wenn wir etwas vorlegen, zu dem die Leute sagen, huchja, kann man machen. Ich will ein Bild für die Zukunft, etwas. wo der eine oder andere stutzt und denkt „Mensch, tolles Ding hier, wer ist denn das?" Doch das musst du erstmal schaffen.