Kurz vor dem ersten Vierteljahrhundert der Bandgeschichte setzen die Donots aus dem Münsterland mit dem zweiten deutschsprachigen Album Maßstäbe.
Als der weltenbummelnde Punk Frank Turner ihnen damals vor fünf Jahren beim Album "Wake the Dog" bei einem Song half, war das ein Ritterschlag. Als Rise Against-Gitarrist Tim McIlrath wenig später bei "Das Neue bleibt beim Alten" in die Saiten griff, war klar, dass Anerkennung für schnelle, scharfe Punkmusik nicht von der Sprache abhängt, in der gesungen wird. Mit "Karacho" wechselten die Donots vor drei Jahren dann wirklich und vollständig vom Englischen ins Deutsche.
Aus der Band, die zwei Jahrzehnte lang Punk im Stil von The Clash, Sham 69 und The Jam gemacht hatte, wurde ein Quintett, das auf Augenhöhe mit den Toten Hosen, Sportfreunden Stiller und Tocotronic spielte. Nur dass Sänger Ingo Knollmann, sein Bruder Guido an der Gitarre, der zweite Gitarrist Alex Siedenbiedel, Bassist Jan-Dirk Poggemann und Trommler Eike Herwig ein ganz klein wenig energischer zur Sache gehen. "Lauter als Bomben", das neue Werk der Punkband aus Ibbenbüren, ist ein lautes, rebellisches Album aus donnernden Drums, rotzigen Gitarren und leidenschaftlichem Gesang, das an Vorbilder wie The Offspring, Green Day oder die Dropkick Murphys erinnert.
Auch im politischen Anspruch, der die Münsterländer nicht nur mit Green Day, sondern auch mit den Mecklenburger Kollegen von Feine Sahne Fischfilet und Jennifer Rostock verbindet. Hemdsärmlig rocken die fünf Musiker hier "Geschichten vom Boden" und sie drohen "Keiner kommt hier lebend raus", ehe "Alle Zeit der Welt" und "Das Dorf war LA" ein wenig Tempo herausnehmen. Das Fundament der Musik ist immer klassischer Punk, etwa Marke Social Distortion oder The Alarm. Doch wie viele Bands haben auch die Münsterländer zugleich Heavy Metal und Folk als Einfluss entdeckt. Guido Knollmann spielt hier schon auch mal den Ansatz eines Gitarrensolos und die Rhythmusgruppe wechselt das Tempo vom T.Rex-Shuffle zum schwermetallischen Rumba in "Rauschen".
Bruder Ingo erzählt seine Kleinstadtgeschichten mit großer Inbrunst. "Von genug nie genug, von zu wenig viel zu viel, werden wir jemals reichen?" antwortet er in "Aschesammeln" auf Konstantin Weckers Klassiker "Genug ist nicht genug". "Eine letzte Runde" nimmt dann einen Reggae-Rhythmus, um vom Ende einer langen Kneipennacht zu berichten: "Wenn wir jetzt gehen, dann gemeinsam, und wenn es sein muss vor die Hunde, noch eine letzte letzte Runde."
Ein Stimmungslied mit Hoho-Chor, das den schweren Ton der meisten übrigen Songs ein wenig aufbricht. Davon abgesehen aber geht es hier hauptsächlich darum, im "Gegenwind surfen" zu lernen. Widerstand leisten gegen die Verwertungslogik der Wirtschaft, gegen die Verführbarkeit für populistische Losungen, gegen die Versuchung, alles immer und sofort zu brauchen.
"Man hat die Verantwortung, bei rechter Hetze dagegenzuhalten", hat Ingo Knollmann erklärt, als ihn das Jugendmagazin "Neon" zur Motivation seiner Band befragt hat, sich immer wieder und unumwunden in den Kampf gegen neue Nazis und altes faschistisches Gedankengut zu stürzen. Es gehe darum, Jugendliche nicht mit den falschen Gedanken allein zu lassen, sondern ihnen Orientierung zu geben, so gut man könne. "Wenn man als Band die Kids da draußen wirklich unmittelbar mit Herz und Kopf erreichen kann, dann sollte man das auf jeden Fall tun", glaubt Knollmann.
"Lauter als Bomben" ist denn auch ein politisches Album geworden, ohne in plumpe Propaganda abzustürzen. Die Botschaft der Donots ist dennoch jederzeit klar, aber sie wird nicht mit ermüdender Penetranz gesungen wie bei manchen gutwilligen Kollegen. Im Visier haben Lieder wie "Der Trick mit dem Fliegen" oder "Apollo Creed" zuallererst den Bewegungsapparat, die Refrains schreien nach Hallen, die jedes Wort mitsingen. Aber die werden die fünf Musiker auf der anstehenden Tour zur Genüge zu hören bekommen.