Donnerstag, 28. Juli 2016

Fäuste-Abriss Halle: "Ich mach das platt, wir essen pünktlich."


Vor 13 Jahren wurde mit dem Abriss des "Fäuste"-Denkmals in Halle begonnen, das den einen als Teil des Stadtbild und Stück Geschichte, anderen aber als lästige Erinnerung an die DDR galt. 

Als die Stadtverwaltung plante, den ungeliebten Riebeckplatz zu einem modernen, schicken, ganz aus Beton gegossenen Monument des Aufschwungs Ost zu machen, fand sich ein Grund, das seit über 30 Jahren vor dem ehemaligen "Haus des Lehrer" stehen Denkmal zu schleifen. Der Versuch einer Leipziger Initiative, das 15 Meter hohe Betonmonster zurückbauen und andernorts wieder errichten, scheiterte. Angeblich ständen Urheberrechte der Überlassung, dem Abbau und der Neuerrichtung anderswo entgegen.

Der Abriss selbst war ein unspektakulärer Prozess für einen Bagger und einen Baggerfahrer. An einem sonnigen Donnerstagmorgen kurz nach sechs kam Marco Bauer, damals 33 Jahre alt, 76 Kilo vielleicht, 1,75 groß und von Beruf Baggerfahrer bei der Abbruchfirma Todte. "Bis Mittag", kündigte er an, "dann sind die Dinger Geschichte." Kein Zweifel in dem breiten Lächeln mitten im Arbeitergesicht. "Ich mach das platt, wir essen pünktlich."

Zuschauer sehen teils kritisch, teils wohlwollend zu. "Ruhig weg mit dem Quatsch", sagt Günther Schmuhl, "dann habe ich endlich eine bessere Aussicht." Die nämlich ist schon versaut gewesen, als der heute 69-Jährige vor 32 Jahren gegenüber einzog. "Da war das Ding nagelneu", erinnert sich Schmuhl, "und dann hat man sich so eingeguckt."

Man kannte es dann nicht anders all die Jahre. Da war der Platz mit dem Kreisverkehr am halleschen Bahnhof, das Hochhaus-Tor zur Neustadt und direkt davor das nur "die Fäuste" genannte "Monument der Arbeiterbewegung": Ein 15-Meter-Klotz aus 300 Tonnen Beton, aus dem sich vier geballte Hände zornig in den Himmel recken. 33 Jahre ließ das Monument, geliebt nur von den Stadttauben, keinen Zweifel an seiner Botschaft. Arbeiterfäuste, panzerhart!

All die Kämpfe um die Fäuste, sie sind an diesem Morgen geschlagen. Wellenförmig tauchte die Frage seit der Wende immer wieder auf. Soll er weg, der hässliche Klotz? Oder muss er stehenbleiben - einmalig wie er ist? Eine Diskussion, die unentschieden stand, bis die Gleise für eine neue Straßenbahnlinie näherrückten.

Nun endlich waren Argumente da, das Schandmal zu kippen: Wo der mächtige Monolith Günther Schmuhl die Sicht verdeckt, fährt nun die Bahn zum Bahnhof. Drogenhändler eröffneten ihre fliegenden Läden, Skateboarden proben hier, neugeschaffene Läden warten auf Wagemutige, die versuchen, den durchs Dämmerige des Halbtunnels hastenden Passanten irgendetwas zu verkaufen.

Ein Konzept, das den Stadtrat überzeugte, das sogar die sonst bei jedem Erkeranstrich eisenharten Denkmalschützer bewog, dem Abriss zuzustimmen. Nein, keine Protest-Demos an diesem Sommermorgen, als Marko Bauer seine Maschine anwirft. Keine Spruchbänder, keine Faust-Besetzung, wie sie der Alptraum der Stadtverwaltung gewesen sein mag. Spurlos verschwindet der Brocken. Später folgen ihm die beiden flankierenden Hochhäuser.

13 Jahre danach ist nicht einmal mehr Erinnerung übrig. Nur noch ein flacher, glatter Platz mit ein paar schütteren Bäumchen, der im Sommer in der Sonne glüht. Und in der Dämmerung von Drogenhändlern beherrscht wird.




Mittwoch, 6. Juli 2016

Die vergessene DDR: Aus einem Land vor unserer Zeit


Als die Mauer fiel, waren sie ein Jahr alt: Die letzten Kinder der DDR haben keine eigenen Erinnerungen mehr an ihr Vaterland, aber genaue Vorstellungen, wie es auf jeden Fall vielleicht gewesen sein könnte. Alles lange her, alles längst Geschichte. Was Jugendliche über die DDR wissen oder zu wissen glauben, hängt davon ab, was Eltern und Großeltern erzählen. Wenig ist es aber in jedem Fall.

Sie sind damals alle ein bisschen zu früh gekommen. Und ein wenig zu spät dran gewesen. "Als die Mauer fiel", erzählt Johannes, "sind mein Vater und meine Schwestern gleich am nächsten Tag in den Westen gefahren, um mal zu gucken." Er selber, am 9. November 1989 gerade ein Jahr alt, blieb mit seiner Mutter zurück. Ohne Trauer, lacht er. "Ich hätte ja sowieso nichts mitgekriegt."


Zu spät, um die DDR noch kennen lernen zu können. Zu früh, um im neuen Deutschland geboren zu sein. Wer heute 25 oder 26 ist, kommt aus einem Land vor unserer Zeit. Keiner hat eigene Erinnerungen an den untergegangenen Arbeiter- und Bauernstaat. Doch alle haben genaue Vorstellungen von dem, was damals gewesen ist.

Jeder Montagmorgen zum Beispiel begann mit einem Fahnenappell. Daniel spricht das Wort aus, als habe er sich den Magen daran verdorben. "Wer irgendwie daneben lag", glaubt er, "wurde da vor versammelter Schule runtergemacht." Schließlich habe niemand aus der Reihe tanzen sollen, und "alle sollten glauben, was der Staat wollte". Da nicken die Köpfe einhellig. "Die Leute sind ja so erzogen worden", sagt Georg, "dass sie vieles akzeptiert haben, obwohl es ihnen gegen den Strich ging."

Was ihren Eltern da geschah, ist den Jugendlichen immerhin noch vorstellbar. Nicht, dass sie sich wirklich damit beschäftigt habe, gibt Mandy zu. "Nur mit Geschichten wie Stasi und so, die spannend sind." Aber wenn die DDR ein Gefängnis gewesen sei, dann eines, in dem sich die Insassen doch einrichten konnten, irgendwie, schließt Alexander aus den Erzählungen seiner Eltern. "Die Freiheit war nicht da, aber deshalb haben die nicht alle jeden Tag nur gelitten."

Ganz im Gegenteil, glaubt Johannes. "Weil es so wenig gab, haben die Menschen mehr zusammengehalten." In den DDR-Geschichten, die in den Familien erzählt werden, ist so auch seltener von der Partei und häufiger von den Partys die Rede. Und obwohl die gelegentlichen Ostalgie-Wellen durchweg mit Abscheu verfolgt werden, lebt der triste Alltag zwischen Schlangestehen und Trabifahren am liebsten als Abenteuer wieder auf: Wie die Eltern nach Schallplatten jagten, "ohne zu wissen, was überhaupt drauf war". Martin lacht. Wie sie klitzekleine Auslandsabstecher als Weltreisen nahmen. Wie sie zusammen nicht einverstanden waren, "aber eben auch nichts machen konnten". Auch Anja hat dieses DDR-Bild im Kopf: Mehr Wärme, weniger Ellenbogen. "Jeder hat einen Job bekommen", sagt Daniel, "wenn man nichts Tolles wollte, musste man sich über sein Leben gar keinen Kopf machen."

Das klingt schrecklich. Und sehr bequem. "Die Ansprüche waren geringer", meint Alexander, "wo heute eine Villa her muss, reichte damals schon eine Jeans." Der Mensch als Passagier im großen Lebensbus, mit einem treusorgenden Staat am Steuer. "Mir würde da", sagt Sebastian, "die Freiheit fehlen." Andererseits, bemerkt Josephine, "kommt man heute nach dem Abi aus der Schule und keiner nimmt einen bei der Hand."

Dafür biete die Welt ungleich mehr Chancen, argumentiert Philipp. "Man kann alles machen, keiner redet einem rein." Vorausgesetzt, man hat die Kraft, nach den unbegrenzten Möglichkeiten zu greifen, schränkt Georg ein: "Wer das nicht drauf hat, fällt auf die Nase."

Aber nein, sie könnten sich nicht vorstellen, anders zu leben. "Der ganze Gruppenzwang damals, das passt nicht zu uns", vermutet Georg. Alle seien heute viel individualistischer, viel egoistischer auch. "Damals konnte keiner als Punk rumlaufen, weil er halt in der FDJ war", stellt er sich vor.

Dass einer beides zugleich war? Blauhemd und Irokesenschnitt? Undenkbar. Er könne doch verstehen, dass es Gleichaltrigen in der DDR auch Spaß gemacht habe, "als Pioniere rumzurennen, wenn ihre Freunde auch Pioniere waren", meint Johannes. "Aber wir sind gewohnt, dass wir wählen können, zu welcher Szene wir gehören."

Wie sie da sitzen, in Kapuzenjacke und Baggy-Hosen, bauchfreiem T-Shirt und Karohemd, ist das zu glauben. Die heute jung sind, sind keine Kinder mehr und doch noch keine Erwachsenen. Sie sind so selbstbewusst, weltgewandt und eigensinnig, wie sie im Schatten der Mauer wohl nie geworden wären. Doch Kinderland ist abgebrannt, und auch der Rauch hat sich verzogen: Der letzte DDR-Staatsratsvorsitzende wird für die finale Generation seiner Untertanen auf immer Erich Honecker heißen, nicht Egon Krenz. Auch der Ostrock ist zusammengeschrumpelt zu einem Triumvirat aus Puhdys, City und Karat. Silly, nein, die sind von später. Die Frage, ob zu Hause immer noch Ost- oder eher doch West-Zigarettensorten geraucht würden, beantwortet ein kollektives Staunen. Dann fragt es von ganz hinten ganz leise: "Ähm, wie hießen denn die Ostmarken?"

Sonntag, 3. Juli 2016

Der Iran schützt seine Daten

Die EU macht es vor, der Iran macht es nach. Nach dem Platzen der Safe-Harbour-Regelungen zwischen EU und USA droht amerikanischen Internetfirmen künftig eine Zwangsspeicherung aller Kundendaten in Europa - aus Datenschutzgründen. Eine ähnliche Begründung bringt jetzt auch die Regierung des Iran vor, um Anbieter von Kommunikationsapps zu zwingen, die Daten von iranischen Nutzern nur noch im Iran zu speichern.

Ein Jahr sollen ausländische Anbieter von Messaging-Apps Zeit bekommen, um in der Islamischen Republik eine Infrastruktur aufzubauen, die es ihnen erlaubt, Daten von und über iranische Staatsbürger auf Server innerhalb des Iran zu speichern.

Gegen eine Speicherung im Ausland sprächen Datenschutz- und Sicherheitsbedenken, behauptet die Regierung in Teheran. Alle Dienste, die dem nicht Folge leisten, könnten nicht weiter im Land arbeiten, erläuterte der sogenannte Oberste Rat für den Cyberspace. In der Bevölkerung des Landes, das auf Platz 14 der Staaten mit den meisten Handyanschlüssen liegt, sind Whatsapp und Telegram ebenso wie Twitter, Facebook und andere Netzwerke äußerst beliebt, wenn sie auch gelegentlich von der Regierung blockiert werden.

Die neuen Maßnahmen rufen Befürchtungen hervor, der Staat wolle sich auf diese Weise einen Zugriff auf die Netzwerke sichern. Die Pflicht zur inländischen Datenspeicherung könnte dann auch genutzt werden, um unliebsame Einträge zu entfernen und Nutzer unter Druck zu setzen. So ist das wohl geplant.

Der Iran macht es vor. Deutschland macht es nach.

Sonntag, 19. Juni 2016

Die ausgefallene Rückkehr der Eiskerze


Früher war Harald Sch. umtriebig und erfolgreich - Jetzt sitzt er zu Hause und will nicht aufgeben


Stapeln hat er müssen. Stapeln! Vier Lagen hoch die Wagen und ganz eng nebeneinander. "Es kam dermaßen viel Zeug rein", sagt Harald Sch., "ich bin kaum noch hinterhergekommen." Schrott hatte goldenen Boden. 30 000 Mark Umsatz sind die Regel. Nebenher hat der Mann aus Schortewitz drei Bagger laufen, "und meine Raupen habe ich mit dem eigenen Tieflader umgesetzt".


Sch.s Augen, die normalerweise matt schimmern wie feuchtes Laub, leuchten auf. Tiefstrahler in die Vergangenheit. 2 000 komplette Räder hatte er abgeschraubt und gelagert. Trabi-Motorblöcke zu Dutzenden gebunkert, ganze LPG-Lager ausgeräumt und nie still gesessen. Tausende alte Waschmaschinen lieferte ein großes Versandhaus ins Haus. "Die musste man gar nicht verschrotten, die konnte man verkaufen."


So war das. Harald Sch., der in seinem Leben schon Mechaniker war und Bauunternehmer, Schrotthändler und Eisfabrikant, und heute nicht einmal mehr Sozialhilfe beziehen kann, hat immer die Chancen gesehen. Schon in der DDR, als er in der Magnetbandfabrik Wolfen arbeitete und sich jeden Morgen wunderte, "dass wir erstmal die Leute von der Nachtschicht wecken mussten". Und dann die Arbeit! "Nur Gepfusche und Geflicke, das konnte nicht gut gehen."


Unfreiwilliger Abschied


Es kommt der Tag, an dem Sch.s Ärger explodiert: "Ein paar Wahrheiten ausgesprochen, und plötzlich bist du Luft", erinnert er sich an seinen nicht ganz freiwilligen Abschied aus der Produktion.
Die DDR-Volkswirtschaft aber wartete nur auf einen wie ihn. Zu Flicken und Pfuschen gibt es allenthalben im Arbeiter- und Bauernstaat, wenn man nur die Chuzpe hat, sich in die Grauzone der Tausch- und Beschaffergesellschaft zu begeben.


Hier, unterhalb der Sichthöhe der Staatsmacht, wo die freischaffenden Friemler frickeln und fummeln, funktioniert die Wirtschaft nach streng marktwirtschaftlichen Prinzipien. Wer etwas hat, das andere brauchen, darf den Preis bestimmen. "Und ich hatte Barkas-Getriebe", erzählt Harald Sch.


Für einen Moment sitzt er nicht mehr auf der Kuschelcouch im halbdunklen Zimmer, knetet nicht mehr Finger und Lebenslauf. Schöne ist dort, wo es schön ist: in den Tagen, als es "geht nicht" nicht gab und die Welt sich seiner Talente bediente.


Hinten im Schuppen schraubt der Autodidakt damals begehrte Ersatzteile aus Schrott zusammen. So eifrig, dass kaum Zeit bleibt für Frau und die beiden Kinder. "Und meine Produkte waren tipptopp."


Eine Tatsache, die sich schnell herumspricht. Von überallher kommen die Fuhrparkchefs, um alte Getriebe unter Dreingabe des einen oder anderen Scheins gegen renovierte einzutauschen. Zum Kundenkreis des Schwarzarbeiters gehört das Defa-Spielfilmstudio ebenso wie Innenministerium und Stasi. Die gilt ihm als lästiger Kunde: "Hatten nichts zu tauschen."



Es reicht auch so. Sch. bezahlt sein Haus nebst 15 000 Quadratmetern Land in bar. Er gibt 7 000 Mark für einen der ersten DDR-Farbfernseher aus. Und kauft für 36 000 Mark einen Wartburg, mit dem er auf Wolke sieben durchs Dorf schwebt.


Sch. schnuppert den Boom

Dann kommt die Wende. Harald Sch. ist 37, und er schnuppert den Boom. "Dass Ersatzteile nicht mehr laufen, war mir klar." Er macht in Autoverwertung und Maschinenverleih, der Fuhrpark besteht aus Russen-Raupen und polnischen Baggern, ein alter Sowjet-Lkw zieht den Anhänger. 


Es ist wie früher: Gute Bekannte vermitteln Aufträge, Freunde schicken Freunde. Beziehungen sind alles. Der Guerilla-Unternehmer, mit buschigen Koteletten und David-Crosby-Frisur ein wandelndes Bekenntnis zu den 70ern, hat jetzt Angestellte, eine Buchhaltung und einen Investitionsplan. "Ich dachte, jetzt schlägt die Stunde für Leute, die was aufbauen wollen."

Eine Eisfabrik zum Beispiel. In Harald Sch.s Welt ist das denkbar einfach: Man kauft Maschinen, lässt sich Rezepte schicken und fummelt herum. "Geht nicht" gibt's nicht. "Schon die erste Mischung hat toll geschmeckt." Drei Wochen später sind Etiketten gedruckt, Becher abgefüllt und Kioske und Läden im Umland beliefert.


Die Nachfrage ist groß. "Ich dachte, Mensch, das ernährt die Familie." Sch. lässt sich bei der Handwerkskammer eintragen. Und träumt in kurzen Nächten häufig vom Comeback der "Eiskerze". Tagsüber interessieren sich plötzlich Umweltbehörden und Ordnungsämter für sein Schaffen. Sein Schrottplatz liegt, erfährt der Unternehmer, in einer Wasserschutzzone. Das Waschhaus, in dem die Eismaschine orgelt, genügt nicht der Hygiene-Norm.


Harald Sch. fummelt. Er fliest. Er friemelt und gibt nicht auf. Besucht Banken, bettelt um Kredite, doch "Eishersteller gibt es genug, haben sie gesagt". Die Behörden fordern Analysen, Anträge, bauliche Veränderungen, die Banken Konzepte und Ertragsrechnungen.


Eispionier vor dem Karren

Der Pionier, als den sich Harald Sch. sieht, zieht den Karren durch eine komplizierter gewordene Welt, in der die Methoden seiner Gründerzeit nicht mehr verfangen. Er investiert, was er hat. Doch es reicht nicht. Papier ist alles, Beziehungen sind nichts. Niemand mag mehr tauschen, alle wollen Geld.


"Ich habe einfach an die Eisidee geglaubt", spricht Sch. mit schmalen Lippen, "und nicht an die Verhinderungsbürokratie gedacht." Nicht fassbar ist seinem Eigensinn, dass niemand ihm Geld geben wird für die Rückkehr der Eiskerze. Selbst als er Grund und Boden als Sicherheit anbietet, winken die Banken ab. "Land in Schortewitz wolle doch niemand".


Harald Sch. hat eine ganze Weile weitergeträumt. Dann hat er die Eismaschine eingemottet, das Waschaus abgeschlossen und beim Sozialamt Unterstützung beantragt. Die Behörde hat abgelehnt: Erst müsse er sein Land verkaufen.


Das will niemand haben, und so muss gerechnet werden bei Sch.s. Stütze von der Frau, Kindergeld, eine kleine Rente - viel bleibt nicht im Monat. Doch noch schlimmer kommt Harald Sch. die große Langeweile an, "wo ich doch immer geschuftet habe". Jetzt hat er noch mal an den Verein "Alt hilft Jung" geschrieben, "na ja, ohne Erwartungen".


Meist sitzt er aber bloß vor dem Fernseher, der in der DDR mal der modernste war, und überlegt, ob er nicht vielleicht selbst einen Verein gründen sollte. Einen, der bei Supermärkten Lebensmittel für sozial Schwache sammelt etwa - "nur um irgendwas zu tun".


Arbeit? Wenn er jünger wäre, das Haus nicht hätte, hebt er die Hände. Aber so? Hier ist doch nichts. Schon gar nicht für einen, der die Schlüssel zum Glück im Waschhaus liegen hat: den Pasteurisierer, die Kübel, die Kühltruhen . . . "Es könnte sofort losgehen", schleichen die Worte tonlos aus der Sofatiefe, als würde nie wieder etwas losgehen. 


Drei Orte weiter, weiß Harald Sch., macht auch einer in Eis. "Der hat ein Haus in Miami."

Mittwoch, 15. Juni 2016

Die Daten-Deppen des Kontinents: Warum mobiles Internet in Deutschland teurer ist als sonst irgendwo


Die Deutschen sind beim Surfen per Smartphone die Deppen des Kontinents. Das mobile Netz hierzulande ist langsam, die Anbindung ist schlecht - aber dafür lassen sich die Anbieter für kleines Datenvolumen ganz groß bezahlen.

Letztes Jahr ist es passiert. Deutschland fiel erstmals hinter Finnland zurück, das 82-Millionen-Volk unterlag den gerade mal 5,5 Millionen Finnen: Die hatten 2015 zum ersten Mal mehr Datenvolumen beim mobilen Surfen verbraucht als Deutschland. 627 000 Terabyte benutzten die Finnen per Smartphone. Nur 591 000 die Deutschen. Ein Klassenunterschied.

Zumal auch die Gesamtbilanz düster für Deutschland aussieht. 11,5 Gigabyte Datenvolumen verbrauchten die Deutschen pro Person im Durchschnitt über das gute alte Festnetz-Internet (DSL, Kabel). Die Finnen kamen auf 9,7 Gigabyte - per Mobilgerät über Mobilfunknetze.

Zwei Zeitalter, die hier aufeinandertreffen. So oft in Deutschland auch davon die Rede ist, die Gesellschaft fit machen zu wollen für die Mobil-Ära, so langsam kommt das Vorhaben voran. Liegt Europas führende Industrienation bei den Anschlüssen ans mobile Netz mit Platz 18 gerade noch unter den Top-20 der Welt - knapp hinter Marokko, Bulgarien und Russland - bummelt es bei den Anschlusskosten weit hinter den Weltbesten.

Wie das finnische Beratungsunternehmen Rewheel herausgefunden hat, kostet ein Gigabyte Netzzugang in Europa durchschnittlich 2,77 Euro - mit geradezu gigantischen Abweichungen nach oben und unten. Bei den finnischen Providern TeliaSonera und Elisa etwa erhalten Kunden für 35 Euro mindestens 50 Gigabyte Datenvolumen, in Estland bietet Elisa dafür auch noch 40 Gigabyte im Monat. Mobilfunknutzer in Frankreich, Dänemark, Lettland, Schweden und Großbritannien haben nach den Untersuchungen von Rewheel zumindest die reelle Chance, für 35 Euro etwa 20 GB Datenvolumen zu bekommen. In Österreich sind es 13 Gigabyte, in Litauen und Polen können wenigstens noch zehn Gigabyte genutzt werden.

Deutschland fällt hier aus der Reihe. Günstige Angebote werben hier mit Kosten von sieben bis elf Euro für Verträge über ein einziges Gigabyte Datenverkehr im Monat. Preise, die rund 40 mal höher liegen als die in Finnland, 20 Mal teurer sind als in Frankreich und zehnfach mehr kosten als in den Nachbarstaaten Österreich und Polen.

Deutschland ist damit in Europa Außenseiter, deutsche Mobilkunden sind die Deppen des Kontinents. Nur in den Niederlanden, Belgien, Ungarn und Griechenland wird noch weniger mobil gesurft als in Deutschland, in dem jeder Bürger mit durchschnittlich 0,59 Gigabyte Volumen auskommt. Zum Vergleich: Jeder US-Amerikaner nutzt 2,56 Gigabyte, jeder Däne drei und jeder Finne nahezu zehn.

Selbst im Vergleich zum EU-Durchschnitt sind mobile Daten in Deutschland fünfmal teurer. Und sie werden entsprechend weniger genutzt. Ein Teufelskreis, zu dem politische Entscheidungen vor mehr als 15 Jahren den Grundstein legten. Damals versteigerte die Bundesregierung die UMTS-Lizenzen an Mobilanbieter, die für den Zugang zum schnellsten Netz zweistellige Milliardenbeträge bezahlten. Die gewaltigen Kosten belasteten den Ausbau des Netzes und verhinderten, dass mobile Zugänge preisgünstig angeboten wurden.

Dabei ist es bis heute geblieben - und ändern wird auch das Kartellamt daran nichts. Trotz der auffälligen Preisunterschiede, heißt es bei dessen Pressesprecher Kay Weidner, „haben wir derzeit keine Untersuchungsergebnisse zu der kartellrechtlichen Bewertung der Mobilfunkpreise in Deutschland“. Von auffälligen Preisunterschieden zwischen nationalen Märkten könne „nicht unmittelbar auf wettbewerbliche Probleme in einem bestimmten Mitgliedsstaat geschlossen werden“, ist das Kartellamt überzeugt.

Die Wettbewerbsbehörde der EU-Kommission antwortete auf eine Nachfrage zu den auffälligen Preisunterschieden für mobile Datenraten auf dem gemeinsamen europäischen Markt übrigens gar nicht.

Der Datenvergleich von Rewheel steht hier

Dienstag, 7. Juni 2016

Heimatgeschichte: Ich war doch nur der Butzemann


Über seinen Schlips stampfen Elefanten. Dicke, grüne Elefanten inmitten einer weinroten Seidenwiese. Ein Löffel Salat schwebe an den grünen Elefanten vorüber, hinauf zum Mund. Dirk Bettels isst gesund, er kaut mit viel Konzentration. Genauso trinkt er auch: gemessen, das kleine Glas in festem Griff. Nichts, so scheint es, wird den schweren Mann je aus der Ruhe bringen können. Richtige Angst hat Dirk Bettels zuletzt vor ungefähr fünf Jahren gehabt. "Als mir klar wurde, dass wir ganz allein sind." Da war es aber schon zu spät. Das große Rad rollte, und auch Dirk Bettels war "gefangen, weil ich ja nun mal Ja gesagt hatte".

Zehn Monate später hätten ihn seine Bürger beinahe aus der Stadt gejagt: Millionen habe er verschwendet, bereichern habe er sich wollen. Dabei hatte das Ost-Abenteuer des Hildesheimers so vielversprechend begonnen. "Die Mauer fiel", erzählt Dirk Bettels, "und wir von der Jungen Union haben gesagt: Wir schauen uns jetzt mal um, da in der DDR". Kaum angekommen in Halle, entdeckten die jungen Christdemokraten Handlungsbedarf. "Nichts gegen die Leute von der CDU-Ost", sinniert Dirk Bettels, "aber die waren total unfähig".

Hochmotiviert sprangen die Hildesheimer in die Bresche. "Übernachtet haben wir bei OB Renger zu Hause, am Tag ging"s auf Wahlkampftour." "Unheimlich Spaß" habe das gemacht. Dirk Bettels, damals 25 Jahre alt und gerade mitten im Betriebswirtschaftsstudium, entschließt sich, für länger zu bleiben: "Man konnte den Leuten hier so unheimlich viel geben."

Es war das Frühjahr 1990 in der DDR. Die Zeit des Aufbruchs. Als Dirk Bettels zum ersten Mal ins Rathaus kommt, funktionierten die "roten Telefone" des DDR-Ernstfallnetzes noch. Bier hatte, schüttelt es ihn heute noch, eklig schmutzige Kronkorken. Wasser kam als braune Brühe aus dem Hahn. "Eine warme Dusche gab es bloß früh um vier, nicht wahr." Hintendran hängt Dirk Bettels immer ein vergewisserndes "nicht wahr".

Nicht wahr. So war das. Was für eine Zeit. Jeder konnte alles sein. Musste manchmal sogar. "Irgendwer musste die Koalitionsvereinbarung schreiben", sagt Dirk Bettels. Niemand wusste, wie das geht. Also setzt er sich hin. Klare Sache. "Als politisch interessierter Mensch hatte man ja mal gehört, was da reingehört."

Dirk Bettels Aufstieg ist rasant. Oberbürgermeister Peter Renger macht den Tatmenschen zu seiner rechten Hand: Dirk, empfohlen durch eine lange Karriere in der Schülerunion, wird zum Multifunktionär. Chef der Kommunal-Treuhand, Gesellschafter der städtischen Dienstleistungsgesellschaft, Aufsichtsrat der Hall-Bau GmbH und Entflechter des örtlichen Handels - jung und dynamisch spannt sich das Arbeitspferd vor alle Karren.

Es sei, klagt er heute, ja keine Hilfe gekommen. Was er selbst nicht ziehen kann, zurrt Dirk Bettels also Verwandten und Bekannten auf. Sein Onkel wird eingeflogen; Freunde aus der Jungen Union helfen aus, und Anwalt Burkhardt Suden berät nun nicht mehr nur Familie Dirk Bettels, sondern gleich auch noch Sachsen-Anhalts größte Stadt.

 Eine "Seilschaft" würde Dirk Bettels das allerdings nicht nennen. Eher einen "Fehler". Aber, will er sich richtig verstanden wissen, "in einer fremden Stadt - wen bitten Sie da um Hilfe?" Im Rathaus nur der "DDR-Trott". Die Menschen grau, verstört und renitent. Bei den Ostdeutschen, teilte er der "Hildesheimer Zeitung" seinerzeit mit, "mische sich eine Portion Faulheit mit einem Quäntchen Angst und 40 Jahren verordneter Lethargie".

Wie eine Schafherde, der man den Hirten weggenommen hat. "Immer auf der Suche nach dem Fähnleinführer". "Und es musste doch was passieren", lässt er noch einmal das Zugpferd von damals aus dem Stall. Ein ungeduldiges Tier, das steigen will. "Wir waren ja im Grunde blöde."

Dass das mit der deutschen Einheit funktioniert "wie ein Besuch bei der bezaubernden Jeanny, wups, und schon sind wir im Westen", habe er nie geglaubt. Aber einen Versuch war es wert. "Man muss ja auch mein Alter betrachten, damals", probiert Dirk Bettels eine "emotionslose Analyse". Ein 25-jähriger Kommunalpimpf, dem eine "Radikalkur" vorschwebte - "ja, klar, das ging über die Vorstellungskraft eines Hallensers zu der Zeit".

Und ein Hallenser zu der Zeit ging über die seine. Dirk Bettels, angetreten, "etwas zu bewegen", trainierte die falsche Mannschaft. "Sobald man nicht präsent war", erläutert er, "haben die ja gemacht, was sie wollten." Was klappen sollte, musste er selbst in die Hand nehmen. Die Investorenwerbung. Die Zukunft der Wohnungsunternehmen. Und die "Hauptstadt-Halle"-Aktion.

Als sei das alles gestern gewesen, hat Dirk Bettels Daten und Fakten parat. Kein Blick zurück im Zorn. War schon eine tolle Zeit, nicht wahr. "Wo im Westen fünf Tage diskutiert wurde, handelten wir nach zehn Minuten." Mit jeder Entscheidung steigt die Zahl der Kritiker. Nach jedem Alleingang versammeln sich mehr und mächtigere Gegner.

Das Ende des Kanzleichefs naht. "Wo man auftrat, hinterließ man verbrannte Erde", sinniert der Bauunternehmersohn. Der kleine Zirkel um Dirk Bettels und OB Renger, der die Stadt Mitte 1990 quasi im Alleingang regiert, hat sich übernommen. Zu viele Pläne, zu viele Projekte. Zu viel "alter Trott". Zu wenig Zeit. Und viel zu viele Fehler.

Aus den städtischen Wohnungsgesellschaften über Nacht eine einzige machen zu wollen, hält Dirk Bettels selbst für den größten. "In einer westdeutschen Kommune wäre das nicht möglich gewesen", gesteht er. Aber war Halle etwa eine westdeutsche Kommune? Eine rein rhetorische Frage. Er, Dirk Bettels, damals mit "lächerlichen 1 800 Mark Monatsgehalt", sei schließlich auch verunsichert gewesen. "Keiner konnte einem sagen, was nach der Einheit wird."

Und im Rathaus klingelten sie Sturm, weil der OB Windeln und Babynahrung besorgen sollte. Dirk Bettels hat nie begriffen, mit wem er es zu tun hatte in Halle. Warum packten die nicht einfach an? Warum meckerten die nur? Die Aufregung um die Gründung der Halleschen Wohnungsbau Aktiengesellschaft könne er bis heute nicht nachvollziehen.

Natürlich hätten die beteiligten Anwälte mit 1,5 Millionen Mark "einen gewaltigen Betrag" kassiert. Nur sei das rechtsstaatlich völlig in Ordnung gewesen. Was gespart worden wäre, Dirk Bettels blickt trotzig ins Wasserglas, hat keiner gefragt. "Nur ein Vorstand, ein Mahnwesen und eine Gewerberaumlenkung." Raum für Erklärungen aber war nicht mehr. "Hysterie" (Dirk Bettels) regierte Halle. "Alles wurde mir angehängt."

Das Charlottenviertel habe er gekauft, sein Vater sei im Begriff, die Hall-Bau zu übernehmen, und er wolle sich billig mit Immobilien eindecken. Halle hieß jetzt "Bettelshausen". Pah! Das gelassene Gesicht bekommt kleine rote Flecke. Dirk Bettels würgt noch immer an der Enttäuschung.

"Dankbar wurde jeder Blödsinn aufgesogen." Um ihn selber sei es dabei gar nicht gegangen, ist der Ex-Kanzleichef sicher. Es ging um mehr - und das ist ihm wohl auch ein beruhigendes Gefühl. "Ich war nur der Butzemann, mit dem die CDU Renger aushebelte, um freie Bahn für eine Hauptstadt Magdeburg zu bekommen."

In der letzten Januarwoche 1991 wirft Dirk Bettels hin. Keiner klopft ihm auf die Schulter, obwohl er "für so viele was getan" hat. Das hat ihn ein bisschen gewurmt. Undank ist der Welten Lohn.

In der Jungen Union verliert Dirk Bettels alle Ämter. Der Staatsanwalt ermittelt. Ergebnislos. Halles Stadtparlament beruft einen Untersuchungsausschuß ein. Er bleibt ohne Abschlussbericht. Dirk Bettels wird Unternehmer in Hannover. Später hat er geheiratet. Später ist er dann auch noch mal in Halle gewesen. Auf der Durchreise nach Leipzig einfach ausgestiegen und die Ulrichstraße langgelaufen. Da tue sich ganz schön was, sagte er.

Dirk Bettels ist heute Honorarkonsul der Slowakei für Sachsen-Anhalt




Montag, 30. Mai 2016

Travis: Ein feines Lächeln zum Trost



Fran Healy trägt jetzt Bart, das ist der Unterschied zu früher. Und vielleicht, dass es dem britischen Quartett Travis im 20. Jahr ihres Bestehens gelungen ist, aus dem kleinen kreativen Tal der letzten zehn Jahre herauszufinden. Und mit "Everything at once" wieder ein Album zu machen, das einen Ohrwurm an den nächsten fädelt, wohligen Gesang in wunderschöne Melodien packt, ein bisschen Depression mit dem Hörer teilt und am Ende doch immer ein feines Lächeln zum Trost bereithält.

Für eine Band, die seinerzeit ein bisschen spät zur großen Britpop-Party mit Blur und Oasis kam und dann auch noch leise Lieder wie "Why Does It Always Rain on Me" im Gepäck hatte, ist das Überleben bis heute allein nicht schlecht. Healy und seine drei Dauerbegleiter aber gewinnen ihrem patentierten Travis-Sound im achten Anlauf sogar noch einmal neue Seiten ab. "Radio Song" stampft ein bisschen mehr als üblich,"Animals" eröffnet mit Streichern und tänzelt dann durch eine samtige Kuschelmelodie, ehe der folgende Titelsong als eine Art Rap auf elektronischem Gedüdel eröffnet, bis er sich in Breitwandgitarren auflöst.

Alles auf einmal, wie der Titel schon verrät. Vor allem aber klassische Travis-Kost wie "3 Miles High", die dort weitermacht, wo "Driftwood" Ende der 90er Jahre aufhörten. Hymnisch, elegisch, Musik zum Träumen und ziellos in die Landschaft schauen. 


"Öffne alle Fenster", flüstersingt Fran Healy hier zu akustischen Gitarren, "schau in die Zukunft und auf alles bis hierher". Ein Philosoph, immer noch, der in "Idlewild" dann auch noch zusammen mit Josephine Oniyama den schönsten Sommerkrimi des Jahres singt.

Zur Band

Sonntag, 29. Mai 2016

Eissporthalle: Halles neuer Abenteuerspielplatz


Die Zäune sind niedergetreten, die Absperrungen von Schrottsammlern umgefahren. Auch ein Wachdienst ist nicht in Sicht am ersten Wochenende nach dem letzten Angriff der Bagger auf die ehemalige Eissporthalle am Rande der Peißnitz. Die Trümmerfläche aus hochaufragendem Schrott, Betonteilen und Resten der früheren Bebauung ist zum Abenteuerspielplatz geworden, auf dem sich bei strahlendem Sonnenschein Hobbyfotografen, neugierige Jugendliche und Kinder tummeln.

Eine Attraktion der anderen Art, verlockend, weil gefährlich. Aber offenbar keineswegs verboten: An den Resten der Zäune, die das Areal seit Wochen umgeben, gibt es nicht einmal Schilder, das Betreten der Baustelle zumindest symbolisch untersagen.



Donnerstag, 26. Mai 2016

Eissporthalle: Der letzte Atemzug eines Toten



Wie ein riesiger Dinosaurier greift der Bagger nach den Metallsäulen. Es knirscht, es kracht. Der Bagger fährt zurück, wieder vor, er zottelt am Dach, drückt gegen die Verstrebungen. Es dauert Minuten, denn die Reste dessen, was einmal Halles Eissporthalle war, wehren sich nach Kräften gegen den Angriff der Abrisskolonne. Doch zwei Außenseiten der 1968 errichteten Halle sind schon weg, gegen eine dritte stürmt das Abrisskommando an diesem trüben Mittwochabend gerade an.

Es staubt und stinkt nach dem Taubendreck von Jahrzehnten, als die Wand fällt. Der letzte Akt einer langen Agonie, die eigentlich schon begann, als die Baupolizei die seit der Wende aufgetaute Halle auch für Chemiepokal, Hallenfußball und Konzerte sperrte. was eben noch Mitteldeutschlands etablierteste Veranstaltungsarena war, stand tot in der Landschaft herum. Statt Rammstein, Jethro Tull und Brian May traten nur nur Schrottdiebe auf. Das einzige Interesse der Stadt war es, das ehemals als offene Eisfläche gebaute Gebäude loszuwerden.

Es waren dann zwei ehemalige Eishockeyspieler, die dem Eissport in Halle wieder Leben einhauchten. Nicht mehr ganz so wie früher, als Dynamo Berlin hier eine Siegesserie im Europapokal hingelegt hatte. Aber was mit ein paar Alt-Internationalen anfing, die noch einmal ihre stockigen Dresse überzogen, endete nach ein paar Pleiten und Vereinsneugründungen schließlich mit den Saale Bulls, die sich im Mittelbau der deutschen Eishockey-Ligen etablierten.

Nicht erst als im Sommer 2013 die große Flut kam, knirschte es hinter den Kulissen. Die Kosten für den Unterhalt der Eissporthalle ließen den Eigentümer Stadt und die Pächter Busch und Werkling immer wieder aufeinanderknallen. Über abenteuerliche Rechtskonstruktionen wurde versucht, den Clinch um Nebenkosten und Zuschüsse dauerhaft beizulegen. Vergeblich.

Das Hochwasser brachte nun die Chance für einen Neuanfang ohne vertragliche Altlasten. Dazu wurde die Halle zu einem "wirtschaftlichen Totalschaden" - wirtschaftlich, weil das Gebäude von Näherem betrachtet auch für Gutachter nicht wie ein Totalschaden aussah. Aber es lohnt eben nicht, ein altes Auto zu reparieren, wenn man für - so die beiden Pächter - ein zehnmal mehr Geld auch ein neues bekommen kann.

Zumindest nicht, wenn das Geld kein eigenes ist. Und im Falle der Eissporthalle sprudelten die Fluthilfequellen. Selbst das Angebot eines Klettervereins, die Halle zu übernehmen und trocken als Kletterhalle zu betreiben, musste abgelehnt werden: Bedingung für eine Übernahme von Abriss- und Neubaukosten aus dem Nottopf für Hochwasserschäden ist es, dass dort, wo bisher eine Halle war, danach keine mehr steht.

Was bleibt, sind die nostalgischen Erinnerungen derer, die hier früher Eislaufen gelernt haben. Die zum unvermeidlichen "Weißes Boot" von den Roten Gitarren beim öffentlichen Eislaufen verbotene Bandenhasche gespielt haben. Die mit der in Halle üblicherweise nur „Eishalle“ genannten Eissporthalle Konzerterlebnisse, Jugendsünden und Boxtriumphe verbinden.

Das Dach ist schon weg, zwei Seitenwände ebenso. Die Eissporthalle ist wieder, was sie ganz zu Anfang war, eine nach oben offene Betonfläche. Es ist 18.20 Uhr, als dann auch die vorletzte Seitenwand fällt. Noch mehr Metallschrott stürzt auf den Berg aus Beton, Glas und Eisen, der übrigbleibt, wenn Geschichte planiert wird.

Ende Mai soll der Abriss abgeschlossen sein.


Dienstag, 24. Mai 2016

Starkregen - ein noch relativ neues Phänomen in der Menschheitsgeschichte



Vor 1957 war er nicht aktenkundig, es finden sich keinerlei Spuren in Archiven, die belegen könnten, dass es das Phänomen "Starkregen" vor der ersten Erwähnung in der ostdeutschen Tageszeitung "Freiheit" gegeben hat. Ein populärwissenschaftlicher Text zu meteorologischen Fragen erst macht dann den "großtropfigen Starkregen" (Zitat) bekannt. Der seitdem von Halle aus einen Siegeszug sondergleichen angetreten hat.

Wie der Begriff "Starkregen" entstand

Freitag, 20. Mai 2016

Klassentreffen: Eine deutsche Geschichte


Sechs Jahrzehnte, vier Währungen, drei Systeme: Der Abgangsjahrgang 1949 der Dorfschule Holleben trifft sich regelmäßig.


In welchem Jahr das war, das weiß Renate Andreß auch nicht mehr so genau. Kann sein, damals beim allerersten Mal, als sie alle noch nicht richtig wussten, wie das überhaupt werden würde. Kann sein, es war später, als die Stasi schon nicht mehr vom Nachbarzimmer lauschte, was im Saal nebenan gesprochen wurde. In dem Jahr jedenfalls erzählte Gerhard Demigkeit, den sie ganz zuletzt gefunden hatten, dass ihm beim Lesen eine Träne auf den Brief mit der Einladung gefallen sei. Renate Andreß, eine Frau mit entschiedenem Auftreten, muss beim Erzählen schlucken. Der Gerhard, das ist doch so ein großer Kerl, sagt sie. Aber das hier ist ja auch so eine große Geschichte.

Die Geschichte der Schüler einer ganz normalen deutschen Schulklasse, Jahrgang 1941. Eine deutsche Geschichte. Als Hitler gerade an die Macht gekommen war, wurden sie geboren. Als der Führer die Welt in Brand setzte, feierten sie Einschulung. Über die nächsten Jahre, die Renate, Horst, Albert, Gretchen und die anderen in der Dorfschule in Holleben verbrachten, wurden die Klassen immer größer, weil der Lehrkörper mit jeder Schlacht im Osten schrumpfte. Der Krieg brauchte auch Lehrer als Futter für die Front. "Zu Kriegsende waren wir 47 in einer Klasse", erinnert sich Stefan Baumgärtner, der in Serbien geboren wurde und 1944 als Flüchtlingskind in den Saalkreis kam. Fünf Jahre später, als die Bundesrepublik und die DDR gegründet wurden, feierten die Achtklässler aus Deutschlands zweitältester Dorfschule Kommunion. Und Abschied vom Klassenzimmer neben der alten Dorfkirche.

Für die meisten war es auch ein Abschied von den Freundinnen und Freunden der Kinderjahre. "Nur acht von uns", zählt Renate Andreß, "sind hier geblieben". Wie unter dem Brennglas zeigen die Lebensläufe des Abschlussjahrgangs 49 deutsche Geschichte. Sieben Mitschüler gingen in den Westen. Eine verschlug es nach Übersee. Die meisten anderen verstreuten sich über die ganze DDR.

Es sind die in der alten Heimat Zurückgebliebenen, die Anfang der 80er Jahre beginnen, nach den Spuren der Freunde von früher zu suchen, um zum nächsten Jubiläum der letzten Zeugnisausgabe ein Klassentreffen zu organisieren. Es gibt kein Internet, keine Adressbücher und keine Telefonauskunft, die weiterhelfen kann. "Also haben wir einfach überlegt, wer noch Verwandtschaft hier in der Nähe hat", erinnert sich Renate Andreß. Holleben ist ein kleines Dorf, in dem die Menschen einander traditionell nicht wie anderswo Siegfried Stedtel, sondern "Stedtel-Siegfried" nennen. Jeder hier kennt jeden, und jeder weiß von irgendwem irgendetwas. "Die Jungs hatten ja auch alle noch denselben Namen, da war es eigentlich einfach."

Auch die meisten Mädchen, damals schon Frauen um die 50, sind nach monatelangen Recherchen gefunden. Verwandte in der DDR haben die Adressen derer, die in den Westen gezogenen sind. Die wissen dann manchmal die von denen, die keine Verwandten mehr in der DDR haben. Und Gerhard Demigkeit, von dem monatelang einfach keine Spur auftauchen will, wird durch ein Missverständnis doch noch gefunden: Weitläufige Verwandte des Verschollenen berichten, dass "der Gerhard doch im ZDF Reklame für Persil" mache. Renate Andreß muss sich im Büro der BHG einschließen, um beim Westfernsehen in Mainz anrufen zu können. Dort ist kein Gerhard Demigkeit bekannt, der Persil-Werbung macht. Nur ein Herbert. Der Bruder. Geschafft. Der zweite Anruf, diesmal beim Gesuchten selbst, dauert nur ein paar Sekunden: "Renate, ich komme", sagt Gerhard Demigkeit, dann ist der Draht von Ost nach West auch schon wieder tot.

Die Geschichte der Suche der Kinder von einst nacheinander ist so ein Spiegelbild der deutschen Geschichte mit all ihren Wirrnissen und Irrwitzigkeiten. Es ist der Beginn der 80er Jahre, die Zeit von Nachrüstung und Atomangst. Der Kalte Krieg bläst einen letzten eisigen Hauch übers Land. Das erste Wiedersehen nach 35 Jahren wird ein tränenfeuchter Tag unter einem drückenden deutsch-deutschen Himmel. Horst ist da, der als Tischler arbeitet. Hans, der Landwirt. Hilmar, der Seemann. Der andere Horst von der Feuerwehr, Albert, ein Gerüstbauer, Inge, die Schneiderin und Renate von der BHG. Die einen kommen im Trabi, die anderen im Mercedes. Der Kofferraum des letzteren ist voller Apfelsinen. "Jeder Mann bekam einen Schlips, jede Frau eine Strumpfhose", amüsiert sich Renate Andreß.

Deutsche Lebensläufe, die von einem gemeinsamen Punkt auseinanderstreben, um sich am Ende doch wiederzubegegnen. "Wir hatten damals Auflage, dass die Westautos nicht vor der ,Friedenstaube´ stehen dürfen", erzählt Dieter Andreß, der seiner Frau bei der Organisation hilft, "und es durfte keine Heino-Musik gespielt werden."

Aber es ist egal. Sogar Christa, die schon so lange in den USA lebt, ist gekommen. Der Pfarrer feiert einen Gottesdienst mit den Kindern, die zum Konfirmandenunterricht immer eine Kohle hatten mitbringen müssen, damit es ein bisschen warm wurde im Zimmer. "So ein glücklicher Tag", sagt Renate Andreß, und ihre Augen sind feucht.

Seitdem sind sie einander nicht mehr verlorengegangen. Regelmäßig feiert der Hollebener Abgangsjahrgang 1949 Wiedersehen, während die Zeit vorüberzieht. Im letzten Jahr der DDR forderte schon niemand mehr, dass sie sich eine Bescheinigung beim Schuldirektor holen, damit bestätigt ist, dass sie wirklich eine ehemalige Schulklasse und kein Ost-West-Fluchthilfeverein sind. 1994, als die Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse auch die Abgangsjahrgänge 48 und 50 dazubitten, sitzen dann endlich auch keine Stasi-Männer mit Fasslimogläsern mehr lauschend in der Kneipe. Später waren ein paar Mitschüler sogar drüben bei Christa in Michigan. Und die Neu-Amerikanerin hat ihre Enkeltochter mit nach Holleben gebracht. Die spricht zwar nur Englisch, so dass Renate Andreß eigentlich kein Wort versteht. Aber inzwischen sagt sie trotzdem Tante zur Schulfreundin ihrer Oma.

Nur die "Friedenstaube", in der früher gefeiert wurde, ist zum 60. Jahrestag des Schulabschlusses, nicht mehr da. Eine zerfallene Ruine der Dorfkneipe nur ist übrig, wie ein Symbol von allem, was unterwegs zum diamantenen Jubiläum des Klassentreffens auf der Strecke bleiben musste. Da waren vier Systeme und vier Währungen. Da war ein heißer und ein kalter Krieg, da waren Mauerbau und Mauerfall. Nach alledem stehen hier nun drei Dutzend 75-Jährige mit weißem Haar, mit Stöcken und Falten, neben ihrer alten Schule, aus der längst ein Wohnhaus geworden ist. Und sie sind Freunde immer noch und immer wieder, und sie herzen und scherzen miteinander, als hätte die Schulglocke eben erst zur großen Hofpause geklingelt.

Dienstag, 17. Mai 2016

70 Jahre Lindenberg: Der Udonaut als Phönix


Kurz bevor es zu spät war, bemerkte der zuständige Oberleutnant Müller aus der Hauptabteilung XX der Staatssicherheit seinen Fehler doch noch. Es gibt gar kein "Grohnau" in der BRD, in dem der "Orchesterleiter" Udo Lindenberg geboren sein könnte! Müller, offenbar in Eile und ohne Tipp-Ex, strich das überflüssige "h" auf dem Befehl zur Fahndung nach dem Hamburger Musiker kurzerhand durch.

Ja, "Gronau" muss es heißen, das weiß knapp fünf Jahrzehnte später jeder. Gronau, ein Städtchen im münsterländischen Kreis Borken, ist das Graceland der Udo-Verehrung, der Ort, an dem alles begann. Die Rampe, von der der Udonaut, der heute seinen 70. Geburtstag feiern wird, einst in den Pophimmel startete. Das war vor genau 45 Jahren, als Udo Gerhard, der jüngere der zwei Söhne von Hermine und Gustav Lindenberg, nach Jazzexperimenten mit Klaus Doldinger von seinem Schlagzeugstühlchen aufstand und zu singen begann. Schon ein Jahr später hatte er mit "Hoch im Norden" einen Klassiker geschaffen. Und sich die Figur der schnoddrigen Deutschrockdrossel erfunden, als die er seitdem selbst zum Klassiker wurde.

Heute ist Udo überall. Politiker loben, Kollegen schätzen, das Publikum liebt ihn. Udo ist der Mann, auf den man sich einigen kann. Alte Fans klampfen "Cello", jüngere feiern "Mein Ding". Der Rest huldigt ihm durch einen Besuch im Musical "Hinterm Horizont".

Und doch bleibt Lindenberg, der sich seit Jahren in einer Schutzrüstung aus Fliegenbrille und Cowboyhut versteckt, ein Mann, der nicht zu fassen ist. Wenn er spricht, klingt er wie ein Udo-Imitator. Wenn er angetrunken über die "Wetten, dass..."-Bühne wankt, dreht der wahre Lindianer sich betreten zur Seite.



Die Kunstfigur aber, in der der wahre Udo steckt, der auch nicht mehr viel anders tickt, verträgt das. Lindenberg, als Sänger limitiert und als Musiker weder Bach noch Beethoven, war ganz oben und ganz unten und am Ende doch immer wieder da. In den engen Spandexhosen, mit dem Gehrock, das Mikrophon wirbelt an der Schnur herum und der Mund, unverwechselbar wie der von Mick Jagger, nölt etwas von "Neugier-Detektiv" und "Fredies aus der Berufspolitik" und wie er mit seinen "Jungs aus der Phantasterei" da ganz kräftig dagegenhalten werde.

Wer Lindenberg für eine Karikatur hält, unterschätzt den großen alten Mann der deutschen Popmusik. Hinter den flotten Sprüchen im selbstausgedachten Kinderzimmeridiom versteckt der Freizeitmaler und Kräuterzigarettenraucher messerscharfe Analysen der Gegenwart. Er erlebe derzeit eine "Zeit von leichter Ablenkung und großer Müdigkeit, wo das Make Up wichtiger ist als der Song", analysierte Lindenberg vor Jahren. Die Medien hätten da "ein Leichentuch der Unbildung über das Land gezogen, unter dem schon ein deutscher Liedtext im Radio als intellektuelle Zumutung" gelte, nuschelt er, als lasse sich der gallebittere Inhalt leichter schlucken, wenn er ihn beiläufig verabreicht.

Ein Intellektueller im Zwirn des Eckenstehers, ein Philosoph, getarnt als Unterhaltungskünstler. Lindenberg, der bis jetzt jeden Sonntagabend die Titelmelodie des "Tatorts" in die deutschen Wohnzimmer trommelt, hat mit allen zusammengearbeitet, die in der deutschen Rockmusik Rang und Namen haben. Er spielte mit Inga Rumpf, er entdeckte Ulla Meinecke, entwarf mit Peter Zadek die "Dröhnland-Sinfonie", kandidierte mit der Panik-Partei für den Bundestag, vertonte Bert Brecht, protegierte Nena, half den Prinzen, sang mit Nina Hagen und Peter Maffay.

Wer im Lande Deutschrock wandert, findet allenthalben Wegzeichen, die zu Lindenberg weisen. Die Lederjacke, die er einst Erich Honecker schenkte, liegt im Museum in Rostock. Die Rechte an wunderlichen Kunstfiguren wie "Rudi Ratlos" und "Bodo Ballermann" sprach ihm erst vor einigen Jahren ein Gericht endgültig zu. Und sein Hit "Alles klar auf der Andrea Doria" führt inzwischen, folgt man der Fährte bis ans Ende, direkt nach Sachsen-Anhalt. "Gottfried heißt der Knabe da hinten am Klavier, für jede Nummer Ragtime kriegt er 'nen Korn und 'n Bier", sang Lindenberg 1973. Damals spielte Gottfried Böttger noch das Panik-Klavier im Panik-Orchester. Inzwischen lehrt der gebürtige Hamburger, der sich später dem Jazz verschrieb, als Professor für Informatik in Köthen.

Hinterm Lebenswerk geht's weiter, das hat auch der Jubilar Lindenberg sich und der Welt gerade erst bewiesen. Waren die 90er - abgesehen von der Erfüllung seines alten Traums, einmal in Ostdeutschland spielen zu dürfen - kein gutes Jahrzehnt für ihn gewesen, so ließen sich die 2000er noch schlechter an. Udo Lindenberg schlüpfte nach einer Ära eher chansonlastiger Werke erst in die Rolle des "Exzessors" (Albumtitel). Dann wollte er wieder der "Panikpräsident" sein. Doch das Fanvolk verweigerte die Gefolgschaft.

"Lindi", wie sich Lindenberg ohne Scheu vor Peinlichkeiten selbst nennt, hatte den Kontakt zum Zeitgeist verloren, so schien es. Nicht ihm selbst allerdings. Von tief unten im Karriereloch sah Lindenberg "völlige Verblödung" grassieren. Ringsum nur "Quotenjägerei und Casting-Quatsch". Also nichts, was einen Rock'n'Roller erschüttern könnte. "Ich bin ein alter Optimist, ich habe schon solche Zeiten erlebt." Irgendwann haben die Leute wieder genug, irgendwann kehren sie um.

Das war, als Udo Lindenberg seinen vierten oder fünften Frühling erlebte. 30 Jahre nach dem ersten Alkoholentzug, 21, nachdem ihm Heiner Müller ein Gedicht mit dem Namen "Phönix" gewidmet hat, und 19 Jahre nach dem ersten Herzinfarkt ist Udo wieder da. Stark wie zwei (Plattentitel), ein Hitgigant, der Charts stürmt und die größten Hallen füllt.

Die Stasi hat es immer befürchtet. Lindenberg sei im Grunde ein Künstler, der Gutes wolle und das sogar mit "künstlerischer Meisterschaft" verfolge, bescheinigt ihm ein MfS-Gutachten. Viele seiner Lieder, etwa über Drogenprobleme oder die faschistische Gefahr in der BRD, seien "für unsere Bestrebungen ausnutzbar", heißt es. Alle anderen müssten "für die Popularisierung in der DDR gesperrt werden".

Rein durfte er danach nicht mehr, so sehr er auch bettelte. Am 10. November 1989 aber hat Lindenberg, der gerade in München ist, morgens den ersten Flieger nach Berlin genommen. Er trägt einen falschen Bart, eine Mütze und ist geschminkt, um nicht erkannt zu werden. Er sieht die Stadt, die seit einem Tag keine Mauer mehr hat, nur durch einen Tränenschleier. Es ist vielleicht der Höhepunkt seiner Karriere. "Freudentränen", nuschelt Lindenberg, "so breit war ich noch nie."

Samstag, 30. April 2016

Peißnitzinsel: Hingucker Riesenmauer


Stolze 140 Meter breit, an die fünf Meter hoch, ein Betonungetüm am Rande des Naturschutzgebietes auf der Peißnitzinsel, das gigantisch am Saaleufer thront wie ein havariertes Raumschiff: 1,3 Millionen Euro aus dem Fluthilfefonds der Bundesländer hat sich die Stadt Halle den Neubau einer Stützmauer an der Wilden Saale unterhalb des Leibniz-Instituts kosten lassen. Zwei Jahre dauerten Planung und Bau, einige Tage dann nur das Freischneiden der Sichtachsen auf die graue Zementfläche.

Eine Investition, die sich nun sehen lassen muss. Direkt am künftigen Saaleradwanderweg gelegen, der in den kommenden Monaten auf einer Länge von knapp zwei Kilometern mit rund 880.000 weiteren Euro aus der Fluthilfe standsicher gemacht und für bequemes Fahren asphaltiert werden soll, hat die Riesenmauer gute Chancen, zu einem echten Hingucker für Saaletouristen zu werden.

Wie ein Ufo hockt sie da, gewunden wie das große chinesische Vorbild und gekerbt, als sei sie zur Verteidigung bereit. Schwer soll es gewesen sein, das von der 2013er Flut unterspülte Altgemäuer zu erhalten, das sich jetzt unsichtbar hinter der wuchtigen Kulisse aus Stahlbeton befinden soll. Was vorher aussah, wie es heißt - Weinbergufer -, wirkt jetzt wie die Rückseite der Großbaustelle Berliner Flughafen.

Bilder können den Eindruck von epochaler Architektur aber nur unzureichend wiedergeben. Ein Spaziergang zum Schauplatz wirkt wirklich. Verheerend.




Samstag, 23. April 2016

Meine lange Jagd nach dem supergeheimen Geheimdienstbrief

"Manchmal ist es so, wenn bestimmte Schreiben an (zu) viele Leute geschickt werden, dass sich dann jeder auf den anderen verlässt und die Sache am Ende liegenbleibt", schreibt ein Bundestagsabgeordneter der Linken. Nein, er meint nicht den Brief, der Gegenstand der ursprünglichen Anfrage war. Sondern seine eigene Antwort, die ausblieb.

Dabei war die Frage ganz einfach: Ist das Schreiben, in dem ein Gregory J. Broecker, seines Zeichens Verteidigungsattache der US-Botschaft in Berlin, Angela Merkels Sicherheitsberater Christoph Heusgen Dank für das deutsche Engagement für eine vereinte EU in der Ukraine-Krise ausspricht und gleichzeitig weiteres Partizipieren an den "technischen Möglichkeiten spezieller US-Dienste in Deutschland" verspricht, echt oder nicht?

Der Brief kursierte im Herbst 2014 im Internet, verbunden mit gewagten Deutungen: Spezieller Service, das klingt nach Abhörpraktiken. Technische Kapazitäten in Deutschland deuten auf einen möglichen Verfassungsbruch.

Also fragen wir doch einfach mal nach, am besten dort, wo man es wissen muss. Im Bundeskanzleramt gibt es eine große Presseabteilung, schon nach der dritten Nachfrage gibt die auch eine Antwort: Zitiert werden darf „eine Regierungssprecherin“, die "dazu Folgendes mitteilen kann": „Dem Bundeskanzleramt ist ein solches Schreiben nicht bekannt.“

Eine offenkundige Lüge, denn spätestens mit dem Eingang der Frage in der Pressestelle des Bundeskanzleramtes, ob das Schreiben echt ist, war es natürlich bekannt, denn es lag bei. Bekannt ist nun, dass das Bundeskanzleramt die Frage nicht beantworten will.

Unbekannt bleibt aber, ob der Brief echt ist.

Hans-Christian Ströbele jedoch wird es wissen, denn der Grüne scheut bekanntermaßen vor keinem Konflikt zurück, wenn es um die Wahrheit und gegen mutmaßlich grenzwertige Geheimdienstpraktiken geht. Und richtig, sofort meldet sich der in Halle geborene Politiker durch einen Mitarbeiter, und lässt Dank dafür ausrichten, "dass Sie – gerade ihm – den Hinweis auf diesen Brief sandten".

Allerdings sieht Ströbele keine Smoking Gun schmauchen. Sondern lässt seinen Mitarbeiter ausrichten, dass hier "einstweilen noch skeptisch eher an einen russische Desinformations-Versuch" zu denken sei, "auch weil der Brief seine ‚Aufreger-Aussage‘ so unvermittelt direkt vermittele: "Für Ukraine-Einigkeit gibt’s NSA-Infos.". Das scheint den Grünen denn doch "etwas arg simpel".

Zwei Monate - und sechs Nachfragen bei Ströbele - später ist die Prüfung weiter gediehen. In Gesprächen mit "mehreren Menschen", die nicht näher bezeichnet werden, hätten alle die Echtheit "für höchst unwahrscheinlich und die Gefahr einer bloßen Erfindung /“Fake“ für sehr hoch" gehalten.

Aha. Schlauer ist nun niemand, aber zum Glück gibt es ja neben Christian Ströbele noch andere Parlamentarier, die ebenso kritisch zu mutmaßlich fragwürdigen Geheimdienstpraktiken stehen und der Regierung hier gar nichts durchgehen lassen. 


André Hahn etwa kümmert sich für die Linke um die Geheimdienstaufsicht. Er antwortet nach mehreren Anfragen prompt. Kann aber auch nichts zu dem ominösen Schreiben sagen. Und auch nichts machen, wie sich noch einige Nachfragen später herausstellt. "Ich bin bislang davon ausgegangen, dass es sich um ein Dokument handelt, das über kurz oder lang auch in den Unterlagen des Untersuchungsausschusses auftauchen und dann dort debattiert wird. Das ist bislang offenbar nicht geschehen", teilt Hahn mit. Gibt es denn gar keine Möglichkeit, herauszufinden, ob eine Verschwörungstheorie eine Verschwörungstheorie ist - oder doch wahr?

André Hahn will helfen. "Deshalb werde ich das Sekretariat des Parlamentarischen Kontrollgremiums bitten, die Angelegenheit auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung, setzen zu lassen und dazu einen Bericht der Bundesregierung abzufordern."

Die nächste Sitzung war dann im September, auf der geheimen Tagesordnung stand der Brief dann doch nicht, auch über Antwort der Bundesregierung hat Hahn nie etwas verlauten lassen.

Gehen wir eben zur SPD, deren Abgeordneter Burkhard Lischka seinerzeit zwar noch nicht Landesvorsitzender der Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt war, aber in jedem Fall ein Mann, der interessiert daran ist, gegen falsche Gerüchte vorzugehen. Lischka ist zudem Fachmann, er sitzt im Bundestags-Innenausschusses, ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und außerdem gerade im Urlaub, wie sein Mitarbeiter Nicolas Geiger nach einigen Erinnerungsmails schreibt.

"Wir mussten den Sachverhalt selbst erst prüfen", heißt es weiter. Und nun tut es alles leid, denn "kurzfristig können wir Ihnen bei Ihrem Anliegen leider nicht weiterhelfen". Herrn Lischka sei das Schreiben bislang zumindest nicht bekannt gewesen. Das muss dann so stehenbleiben, weil auch langfristig nie mehr eine Antwort kommt.

Christoph Bergner von der CDU hält es übrigens ähnlich, nur dass er persönlich anruft, um mitzuteilen, dass sich da insgesamt wohl wenig machen lasse. Er werde sich aber umhören, verspricht er. Das klingt schon richtig geheimdiensthaft. Bringt aber auch nichts.

Der Brief bleibt ein Brief, der alles sein kann. Und die Abgeordneten sehen aus wie etwas, was sie nie sein sollten: Leute, die nicht einmal im Fall eines einseitigen Schriftstücks in der Lage sind, die parlamentarische Kontrolle der Regierung auszuüben, die eigentlich ihres Amtes ist.



Freitag, 22. April 2016

Conny Ochs: Ein Reisender in großem Gefühl



Das neue Album des Hallensers Conny Ochs heißt „Future Fables“. Es will mehr als die Region.

Mit seiner Band Baby Universal ist der Hallenser Cornelius Ochs seit mehr als einem Jahrzehnt eine der wichtigsten, bekanntesten und erfolgreichsten Figuren des Rocks in der Region. Zuletzt legte die Lieblingsband von Kult-Regisseur Quentin Tarantino mit „Slow Shelter“ ein Meisterwerk vor, das den Mix aus Brit-Pop und Hard-Rock um Folkelemente erweiterte.

Eine Mischung, die Conny Ochs nun auch auf seinem neuen Solo-Album „Future Fables“ pflegt. Zwölf Songs hat der Hallenser mit der unverwechselbaren Stimme im Kabumm-Studio in Golzow eingespielt, alle zwölf orientieren sich mehr an seinen gemeinsamen akustischen Alben mit der US-Doom-Legende Scott „Wino“ Weinrich (St. Vitus) als am treibenden elektrischen Sound seiner Band.

Lieder mit Herz, Lieder mit Seele sind das, vom Auftakt mit dem auf zwei Gitarren hereinschleichenden „Hole“ bis zum Finale mit der dunklen Klavierballade „Make some room“. Conny Ochs singt flehentlich, er flüstert, zeigt aber bei „Killer“ auch, dass er Nirvana ebensogut kann.
Songkunst, der Sachsen-Anhalt, der Osten und ganz Deutschland spätestens seit den gemeinsamen Tourneen mit Scott Weinreich zu klein geworden ist.

Wie ein moderner Troubadour zieht Ochs durch Europa, um die Welt, er spielt in Quedlinburg und Venedig, in der Schweiz und Tschechien. Seine zwischen Mark Lanegan, Lou Reed und Nick Drake pendelnde Musik, mit dem Debüt „Raw Love Songs“ entworfen, mit „Black Happy“ vervollkommnet und mit „Future Fables“ nun für erste vollendet, wird überall verstanden werden.

Direkt zum Künstler:
connyochs.com

Donnerstag, 21. April 2016

Suddenly Human: Große Fragen in großen Hymnen



Kleine Stadt, großer Wurf - die hallesche Band Suddenly Human und ihr Debüt-Album „Elements on changing ways“

Kein Album in der Tasche, aber auf England-Tournee gehen, so etwa funktioniert die hallesche Band Suddenly Human. Über ihr Tour-Abenteuer auf der Insel haben Sänger Philipp Saaler, Gitarrist Hannes Kiesewetter, Basser Konstantin Brandt und Trommler Kurt Thomas Noack einen Film gedreht, den sie nach einem Motiv von Georg-Friedrich Händel „The trumpet shall sound“ genannt haben. Ein Road-Movie mit Musik und Stromausfall und Erbsen vom Notkocher, das nach Wurzeln sucht, von Abenteuern berichtet und von einer Band erzählt, die es ernst meint.

Das ist auch die Botschaft von „Elements on changing ways“, dem Debütalbum der Hallenser, das nun ein Jahr nach der Tour-Doku erscheint. Mit dem Anspruch, „etwas Bleibendes zu kreieren und dabei sehnsuchtsvolle Wirklichkeit mit pittoresker Alltäglichkeit zu vereinen“, wie die Band selbst sagt. Ehe sie daran geht, ihn in zwölf Stücken zwischen klassischem Rock, himmelsstürmender U2-Hymne und Britpop einzulösen.

Vom Opener „I’ve seen the lanterns“ drehen die vier Hallenser das ganz große Rad. Chöre, Rhythmuswechsel, Echo, übereinandergeschichtete Tonspuren - Produzent Jürgen Block, der schon mit Keimzeit und City gearbeitet hat, lässt die Newcomer von der Saale mal klingen wie die Strokes, mal winken Interpol aus der Kulisse, mal grüßen Muse und Placebo von fern. Klein und bescheiden können andere, in Songs wie „Horus“ und „Artefacts“ geht es in assoziativen Texten um den Menschen und die Welt, den Sinn des Lebens und die Angst vor dem Tod.

„Suddenly Human“ heißt „plötzlich menschlich“, ist aber keine Parole, sondern der Titel einer Star-Trek-Episode, in der die Enterprise-Besatzung einem von Aliens aufgezogenen Menschenjungen sanft klarmachen muss, dass er in Wirklichkeit kein Talarianer ist.

Das passt. Wenn Philipp Saaler in „Ink-World“ die Stimme kippen lässt, während die Musik immer schneller zu werden scheint, entwickelt „Elements“ einen Sog, wie ihn Alben der Isländer Sigur Rós in der Regel erzeugen: Die Akkorde drehen sich, es wird laut und leise, der Sänger flüstert und dann schreit er. Die Gitarren tosen und es ist nicht mehr das einzelne Wort, das beim Hörer ankommt. Sondern eine Atmosphäre und ein Gesamtgefühl, das keinen Gegenstand mehr hat, sondern nur noch die Töne, den Sound, die Musik.

Die wird später zuweilen zickig, das Hymnenhafte geht ihr in „Welcome to the sanatorium“ ganz ab. Dafür aber entpuppt sich der Song über die „Vita 31“ als perfekter Gegenentwurf zum idyllischen „Hotel California“ der Eagles. Keine Akustik-Gitarren, dafür Police-Riffs. Keine falsche Hoffnung, für niemanden. Aber zum Glück ist das kalte Buffet eröffnet.

Ein frappierendes Album, das vor Ideen sprüht und dem Hörer trotzdem Platz für Fantasie lässt. Wer das irgendwann in seiner Karriere hinbekommt, hat alles richtig gemacht. Wer es auf seinem Debütalbum vollbringt, könnte wie weiland Händel nach England gehen.

www.suddenlyhuman.com
facebook.com/suddenlyhuman

Mittwoch, 6. April 2016

Iggy Pop: Tanz die De­pres­sion


Mit einem kühlen Album voller karger Rocksongs meldet sich der 68-jährige Rock 'n' Roll-Wüterich Iggy Pop zurück - begleitet von Wüstenrocker Josh Homme.

Jetzt, wo sein Freund David Bowie tot ist, ist es irgendwie an Iggy Pop zu klingen wie David Bowie. Kann er, immer noch! Die ganzen kleinen Soundfitzelchen sind da auf "Post Pop Depression", dem 19. Soloalbum des "Godfather of Punk" seit 1977. Die wackelnde Stimme, die zickigen Gitarren, das Umsichkreisen der Melodie, Bowie hätte es nicht besser hinbekommen können.

Pop, dessen bürgerlichen Namen James Osterberg niemand mehr erinnert, hat aber auch lange auf dieses Album gespart. Vier Jahre kam nichts Neues aus der Werkstatt des einstigen Rock-Berserkers, den die Branche für abgeschrieben hielt.

Dann aber kam Josh Homme, der Erfinder des Stoner Rock und Begründer wie Chef der Queens of the Stone Age, den Pop per SMS kontaktiert hatte. "Hey, es wäre toll, wenn wir irgendwann mal zusammen was schreiben könnten", schrieb der legendäre Sänger dem legendären Hardrock-Gitarristen. Und irgendwie passierte es dann wirklich - ohne Plan und Plattenfirma spielten die beiden gemeinsam mit Dean Fertita (Queens of the Stone Age) und Matt Helders, dem Schlagzeuger der Arctic Monkeys, neun Songs ein, mit denen sich Iggy Pop auf der großen Rock-Bühne zurückmeldet.

Das liegt vor allem daran, dass ihm hier weder Selbstironie noch Selbstmitleid in die Quere kommen. "I'm gonna break into your heart", singt er gleich am Anfang, und auch noch dass er unter ihre Haut kriechen möchte. Iggy Pop, zu Beginn seiner Karriere mit den Stooges eine Naturgewalt, später aber immer mehr und immer häufiger zu einer Art Abziehbild seiner selbst geschrumpft, will ernstgenommen werden - und wie es Johnny Cash mit Hilfe von Rick Rubin gelang, glückt es ihm hier mit Unterstützung von Josh Homme.

Der zieht die Fäden im Hintergrund und bestimmt den Sound. Der aber ist keineswegs derselbe wie bei seinen Queens oder dem Supergroup-Nebenprojekt Them Crooked Vultures. Für den um ein Vierteljahrhundert älteren Iggy Pop schneidert Homme ein karges, rockiges Grundgerüst aus Klängen, die immer wieder Pops Freund, Partner und Idol Bowie belehnen. Kein Salongesäusel mehr wie auf "Préliminaires", dem letzten richtigen Solo-Album vor fast sieben Jahren. Aber auch keine ausgestellte Wurzelpflege mit nachgebautem Ur-Punk im Stooges-Stil.

Stücke wie die bettelnde Liebesgeschichte "Gardenia" oder das voller Fragen steckende "American Valhalla" klingen ähnlich sehnig und muskulös wie Pop immer noch aussieht. Keine Ruhe, nirgends. "I've shot my gun / I've used my knife / this hasn't been an easy life", knarzt der Sänger, dessen Stimme noch nie eine der schönsten war, der sich dafür aber immer mit voller Wucht in seine Lieder geworfen hat.

In seiner "Post Pop Depression", der Titel darf durchaus vieldeutig interpretiert werden, ist kein Geschrei, hier sind auch die berühmten Glasscherben weit weg, es wird nicht gespuckt und kaum geflucht. Iggy Pop schaut zurück und sieht ein Scheitern, nicht nur bei sich selbst, sondern im Grunde bei allem, was seine Generation sich einst gewünscht hat. "Where is American Valhalla / death is the pill that's hard to swallow", singt er und "ich habe nichts / außer meinem Namen".

Da kokettiert der Barde natürlich nicht zu knapp, ebenso bei "German Days", das die gemeinsame Zeit mit Bowie in West-Berlin heraufzubeschwören scheint, dann aber in Wirklichkeit eher nicht nach Bahnhof Zoo der 1970er, sondern nach der 1920er Jahre-Wehmut klingt. Kein Grund, traurig zu sein, alles wird gut. "I'm gonna go heal myself now", singt Pop ganz zum Schluss und schiebt ein "Yeah" hinterher.

Donnerstag, 31. März 2016

Ohne Moos nix los

Es grünt so grün im Unterholz, vor allem auf der Ostseite des Naturschutzgebietes Peißnitz Nordspitze. Ohne Moos wäre hier gar nichts los.

Sonntag, 27. März 2016

Zweiter Weltkrieg: Bomben auf Halle

Es ist der 501. Fliegeralarm im Süden Sachsen-Anhalts seit Kriegsbeginn - und diesmal greifen 369 Fliegende Festungen wirklich an. Halle zu Ostern 1945, eine Stadt im beginnenden Frühling, eine Stadt im endenden Krieg: Das alte Rathaus wird teilweise zerstört, die Ratswaage beschädigt, am Hotel Goldene Kugel, den Hotels Europa, Weltkugel und Hohenzollernhof, dem Riebeck-Bräu und in der Beesener Straße explodieren Bomben. Auch das Kaufhaus Ritter in der Leipziger Straße wird schwer getroffen, während das eigentlich Ziel, der Bahnhof, auf dem immer noch Truppen und Material für die beiden Fronten umgeschlagen werden, keine Treffer erhält.

Die Stadt, über Jahre hinweg vor allem wegen der Siebel-Flugzeug-Werk ein Ziel alliierter Bomber, hoffte schon auf den Frieden. Und wird in jener Osternacht schwerer getroffen als je zuvor. Da hatten Briten und Amerikaner meist die Industriegebiete um Leuna, Buna, aber auch Bitterfeld und Zeitz als „first target“ anvisiert, wie es in den Mission-Protokollen etwa der 303rd Bomber Group heißt. Halle ist - wie auch Leipzig - meist „zweites Ziel“ und wird nur angeflogen, wenn die Wetterbedingungen oder starke Luftabwehr einen Angriff auf das primäre Ziel nicht zulassen.

Ziel Hauptbahnhof, vermerkt First Lieutenant Oliver Lee Bashor im Mission-Book seiner B-17, die die Mannschaft „Sweet LaRhonda“ nennt. Bashor stammt aus Loveland, einer Kleinstadt in Colorado, er fliegt seine 13. Mission, bisher hat er Glück gehabt: Obwohl die Besatzungen der B17-Bomber die höchste Verlustrate in allen Waffengattungen haben, sind bashor und seine Männer bisher davongekommen. „Abgesehen von zahlreichen Löchern durch Flakbeschuss keine größeren Beschädigungen“, heißt es in den Aufzeichnungen der Besatzung, „auch alle Crewmitglieder blieben unbeschadet“.

Verglichen mit früheren Einsätzen ist dieser Flug mit der Nummer 349 fast ein Spazierflug für die 359th Bomb Squadron, die Teile einer Operation ist, bei der insgesamt 1 348 Bombers und 889 Geleitschutzjäger der 8. Air Force die Raffinerie in Zeitz, Stendal. Salzwedel, Erfurt, Weimar und Aschersleben angreifen.

Sweet LaRhonda, Teil einer Einheit, die sich die „Hells Angels“ nennt, fliegt die Position „high Squadron, right side“ in der sogenannten Combat Box, einer eng zusammengezogenen Flugformation aus jeweils drei nebeneinander fliegenden Maschinen, die in je drei Schichten über anderen Dreiergruppen fliegen. Der Himmel ist klar mit hochliegenden weißen Wolken. „No enemy aircraft or flak“ schreibt Bashor.

Zeitzeugen aus Halle erinnern sich genau, wie das von unten aussah. Bereits Ende Februar hatten 314 amerikanische Bomber mit Hauptziel Bahnhof den Süden der Saalestadt angegriffen. Die Siebel-Werke, die bis in den letzten Monaten des Krieges am Überschall-Flugzeug DFS 346 arbeiten, um dem Führer womöglich doch noch eine Wunderwaffe zur Verfügung zu stellen, werden bei diesen Angriff bereits schwer getroffen. Die 8. Air Force verliert zwei B24-Bomber, ein Pilot wird getötet, 18 Männer gelten als nach der Heimkehr von Mission Nummer 851 auf den Stützpunkt im englischen Molesworth als „MIA“ - missed in action.

Am Boden bringen nahezu 200 schwere 500-Kilo-Bomben den bis dahin meist so fernen Krieg in die Wohnzimmer. In der Zwingerstraße Nummer 25 fällt eine Brandbombe mitten in eine Wohnung, erinnert sich eine 89-Jährige Hallenserin später. „Eine Freundin wohnte nebenan in der 26, die Familie hatte großes Glück.“ Oft seien Sprengkörper nicht explodiert. „Dann kamen Spezialisten, die sie entschärften“, beschreibt die Frau.

Das war aber nicht immer so in diesen letzten Kriegstagen, als die Verwaltung bereits eine Notverwaltung ist. In vielen Fällen werden Blindgänger einfach nicht entdeckt, weil überhaupt niemand nach ihnen sucht. „Überall waren viele Krater, lag Schutt. Da hat doch kein Mensch nach Bomben geguckt“, sagt die alteingesessene Hallenserin, die bei den Angriffen einen Onkel verlor.

Damals (links) und heute: Noch immer sind Bomben in der Erde.
Weil die Straßen weiter befahren werden müssen, werden Bombentrichter einfach zugeschüttet, ohne dass kontrolliert wird, was noch unter Schutt und Trümmern liegt. „Die Menschen hatten andere Probleme, man hat sich zuerst um die Menschen gekümmert, nicht um die Bomben.“ Ein Blindgänger von Ostern 1945 wird erst 66 Jahre später bei Bauarbeiten entdeckt werden - 2011 muss die gesamte südliche Innenstadt wegen des Fundes der 250-Kilo-Bombe in der Nähe des Elisabeth-Krankenhauses evakuiert werden.

Damals ist der Krieg zumindest für die Männer oben in den Flugzeugen Alltag. Der schwerste Angriff auf die größte Stadt in Sachsen-Anhalt, der zugleich auch die raffinerie in Zeitz trifft, ist für Staff Sergeant Bert M. Beals, der als Maschinengewehrschütze in einem Bomber am Angriff teilnimmt, reine Routine.

Beals, der schon 30 Flüge hinter sich hat, wird später in sein Tagebuch schreiben „nicht viel Flak am Ziel, nicht so viel, wie ich dachte“. Auch seine schwere B-24 „Liberator“ mit dem Namen „Sweat-N-Duck“ kehrt wohlbehalten zurück.


Freitag, 25. März 2016

Honecker in Halle: Der Mann, der den Kumpeln Kraft spendet

So war es damals wirklich, zumindest nach dem Bericht, den ein interessierter Betrachter des Films über Erich Honeckers Besuch in Halle im März 1980 mir zugeschickt hat. Es sind Episoden während der Fahrt des Generalsekretärs durch Städte und Dörfer des Bezirkes, die in einer Parallelwelt stattgefunden haben, von der kaum ein DDR-Bürger etwas wusste.


Günthersdorf, 9.25 Uhr: Die freudige Stimmung der zu beiden Seiten der Autobahnatafahrt in dichtem Spalier stehenden Menschen hatte in Erwartung des lieben Gastes von Minute zu Minute zugenommen. Jetzt hat sie ihren Höhepunkt erreicht.


Der Wagen, in dem Genosse Erich Honecker Platz genommen hat, nähert sich, verlangsamt seine Fahrt, hält an. Genosse Erich 
Honecker steigt aus, lacht, winkt nach allen Seiten. Ihm folgt Genosse Günter Mittag, Mitglied des Politbüros und Sekretär des Zentralkomitees.

Genosse Werner Felfe, Mitglied des Politbüros und 1. Sekretär der Bezirksleitung Halle der SED, begrüßt den Generalsekretär mit herzlichen Worten in unserem Bezirk. Jubel brandet auf, ein Sprechchor: "Unser Genosse Erich Honecker er lebe hoch! hoch! hoch!"

Kumpel, Genossenschaftsbauern, Generaldirektoren und Werkleiter berichten Erich 
Honecker in Anwesenheit von Gustav Waschkowitz, 1. Sekretär der Kreisleitung Merseburg, über neue Zielstellungen im Kampf um hohe Zuwachsraten im Sinne der 11. Tagung des Zentralkomitees. Fröhlicher Beifall, als Genossenschaftsbäuerinnen als Willkommensgruß Körbe mit landwirtschaftlichen Produkten überreichen.

Erich Honecker dankt freudig bewegt für diesen Empfang. "Wir haben alle Voraussetzungen", sagt er, "voller Optimismus unserem X. Parteitag entgegenzugehen. Glück auf! Und auf Wiedersehen!"

"Wir alle sind stolz, dabeigewesen zu sein", sagt Lothar Andrae, Arbeiter in der Brikettfabrik Beuna. "Diese Begegnung mit Genossen Erich Honecker hat uns weitere Kraft verliehen." Das haben sich die Kumpel des BKK Geiseltal für 1980 u. a. vorgenommen: 2.4 Tage Planvorsprung; 8,5 Prozent Steigerung der Arbeitsproduktivität.

Bernd Hirschelmann und Georg Böhmer, die mit ihrer Jugendbrigade "Junge Garde" aus dem Tagebau herübergekommen sind, um den Generalsekretär herzlich willkommen zu heißen.
1979 waren die jungen Bergarbeiter zum Jugendfestival in Berlin als "Hervorragendes Jugendkollektiv der DDR" ausgezeichnet worden. Diesem verpflichtenden Namen wollen sich die 19 Brigademitglieder würdig erweisen und sich mit besten Arbeitsleistungen bei der Erfüllung der großen Aufgaben des BKK Geiseltal als Prirnärenergieträger sowie bei der Versorgung der Bevölkerung, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen bewähren.

9.45 Uhr: Aus Richtung Zöschen kommend, nähert sich der Konvoi. Unter Jubelrufen und herzlichem Beifall winken die Einwohner Genossen Erich Honecker auf seiner Fahrt nach Merseburg zu.

Merseburg, 9.50 Uhr: Die Wagenkolonne hat den nördlichen Stadtrand erreicht, passiert den Marx- Engels-Platz in Richtung Thomas- Müntzer-Ring. Tausende Werktätige, Studenten der TH, Lehrlinge und Schüler säumen erwartungsvoll die Straßen, um Erich Honecker herzlich zu begrüßen.



Unter ihnen Merseburgs Bürgermeister Heinz Wagner, der stolz darauf ist, daß die fleißigen Bürger seiner Stadt mitten im ..Frühjahrsputz" stecken und dem hohen Gast ein Bild präsentieren, das erkennbar macht, wie angenehm es sich hier wohnen Und leben lässt. "Der Generalsekretär unserer Partei weiß ja, welche Anstrengungen die Merseburger in den letzten Jahren unternommen haben, zwischen den Chemiegiganten Leuna und Buna eine grüne Oase zu schaffen.

Das farbenprächtige Spalier der Menschen gerät in Bewegung. Der FDJ-Fanfärenzug der IMO Merseburg grüßt musikalisch, Sprechchöre erschallen: ...Hoch soll er leben!"

Genösse 
Honecker winkt und grüßt lachend zurück. Christa Bluhm, eine junge Frau, sagt freudestrahlend: "Ich wollte doch Erich Honecker einmal ganz persönlich sehen." Und Richard Kindervater von der AWG "Aufbau" drückt aus, was jeder empfindet: "Das war ein großer Augenblick für uns alle!"

Am Buna-Tor, 10.02 Uhr: Tausende Angehörige des größten Plaste- und Elasteproduzenten der Republik bilden ein dichtes Spalier. Die FDJler präsentieren mit Stolz die Ehrenbänner des Zentralkomitees der SED, die die besten Grundorganisationen zum 30. Jahrestag der Republik erhalten hatten. Auf Transparenten sind neue Verpflichtungen zu lesen.

Dann ist es soweit. Die Köpfe mit den blauen, gelben und weißen Helmen recken sich. Jeder möchte natürlich den Generalsekretär aus nächster Nähe sehen. Hochrufe auf das Zentralkomitee und seine kluge Politik zum Wohle des Volkes ertönen.

Im Namen der Kommunisten und der 20 000 Beschäftigten des Kombinates wird Erich 
Honecker von Walter Kitzing, 1. Sekretär der SED- Kreisleitung, und Generaldirektor Dr. Helmut Pohle, herzlich willkommen geheißen. Einen Strauß roter Nelken überreicht Astrid Witthuhn aus der Betriebsberufsschule. Die 23-jährige Lehrmeisterin kämpft wie alle 1289 Lehrlinge und FDJ-Mitglieder der Ausbildungseinrichtung um ein Mandat zum Deutsch-sowjetischen Jugendfestival im Mai in Karl- Marx-Stadt. "Dafür ist der Besuch des Generalsekretärs der richtige Ansporn", ist von ihr zu erfahren.

Inzwischen entbieten die Tausende Erich Honecker und den ihn begleitenden Persönlichkeiten ihren Willkommensgruß. Auf dem kurzen Weg zu den bereitstehenden Bussen kommt es zu ersten freundschaftlichen Gesprächen des Generalsekretärs mit Kolleginnen und Kollegen des Kombinats.
Waggonbauer brüderlich mit der Sowjetunion verbunden.

Halle-Ammendorf, 15.38 Uhr: Nach dem begeisternden Meeting im VEB Chemische Werke Buna bereiten Zehntausende Bürger der Stadt Ha21e vom Ammendorfer Rathaus an entlang der Leninallee unserem Genossen Erich 
Honecker und den ihn begleitenden Persönlichkeiten von Partei- und Staatsführung einen überaus herzlichen Empfang.

Am VEB Waggonbau Ammendorf bilden Werktätige des Betriebes, Pioniere, FDJler und viele Bürger ein dichtes Spalier; unter ihnen auch die Schweißerin Monika Förster, eine junge Kandidatin der SED. Sie sagt: "Wir freuen uns sehr über den Besuch des Genossen 
Honecker. In unserem Bereich Rohbaumontage des VEB Waggonbau wollen wir die Normzeit um ein Prozent unterbieten, um den Exportplan des Betriebes mit zu sichern."

Parteigruppenorganisator Roland Kühn fügt hinzu; "Unser Betrieb ist seit vielen. Jahren eng mit der. Sowjetunion verbunden. Mehr als 800 Weitstreckenwagen werden wir in diesem Jahr für unsere sowjetischen Freunde bauen. Von unserem Bereich F 5 ging deshalb die Initiative der persönlichen Planangebote aus, die in den nächsten Tagen in allen Bereichen diskutiert wird."
FDJler der EOS "Bertolt Brecht" hatten am Straßenrand einen kleinen Solidaritätsbasar mit Souvenirs aufgebaut.


Thälmannplatz, 15.58 Uhr: Herzliche Begrüßung des Genossen 
Honecker durch den 1. Sekretär der Stadtleitung Halle, Genossen Fritz Ewelt, und Oberbürgermeister Hans Pflüger. Mit roten Nelken heißt der FDJ-Sekretär des VEB Halloren, Cornelia Rösler, den Staatsratsvorsitzenden und Generalsekretär unserer Partei herzlich willkommen. fünfjährige Tochter Susanne auf dem Arm. 

"Sehr herzlich willkommen in Halle, das möchten Ihnen hier alle persönlich sagen", begrüßt sie Genossen Honecker, "und vielen Dank für die große Arbeit, die Sie für die Menschen in unserem Land leisten," Die junge Frau, Mutter von zwei Kindern, ist Helferin im Kindergarten Beyschlagstraße des Fernsehgerätewerkes und wohnt in einer der schönen Wohnungen am Thälmannplatz.

Immer wieder Händeschütteln und Hochrufe. Jung und alt drängt nach vorn. Kurzer Aufenthalt vor der Kaufhalle Thälmannplatz. Die stellvertretende Verkaufsstellenleiterin Erika Schröter versichert Genossen Honecker, dass ihr Kollektiv alle Anstrengungen unternimmt, die Versorgungsaufgaben stets gut zu erfüllen, "Bei so fleißigen Frauen kauft man sicher gern ein", erwidert der hohe Gast und wünscht dem Kollektiv weiterhin viel Erfolg in seiner verantwortungsvollen Arbeit.

Kaum 100 Meter weiter werden die Gäste von einem Kollektiv des Kaufhauses "Herrenausstatter" herzlich begrüßt. Fachverkäuferin Lilo Falkenstein wünscht angenehmen Aufenthalt in der Saalestadt und berichtet, wie das Kaufhauskollektiv alle Anstrengungen unternimmt, die guten Ergebnisse seiner Arbeit weiter zu verbessern. "Alles Gute für eure Arbeit und euer persönliches Leben", wünscht Genosse Honecker.

Es ist fast unmöglich, in dieser sonst schon von regem Leben beherrschten Straße vorwärts zu kommen. Am Kaufhaus "Jugendmode" begrüßt Cornelia Politz im Namen dieses "Hervorragenden Jugendkollektivs der DDR" den Generalsekretär unserer Partei. Sie schildert kurz, wie die FDJler hier die Beschlüsse der 11. Tagung des Zentralkomitees Verwirklichen helfen.

Im Zentrum der Stadt angelangt, betrachtet Genosse 
Honecker interessiert den Marktplatz der alten Saalestadt. Winkend verabschiedet er sich von den Passanten.

Moritzburg, 16.34 Uhr: Erwartungsvolle Stimmung auf dem Platz vor der Moritzburg. Nahezu 5000 Hallenser sind gekommen. Flotte Marschmusik, gespielt vom Standortmusikkorps des Mdl, erklingt, als die Delegation vorfährt. Beifall brandet auf, als Genosse Honecker winkend zum Innenhof der Moritzburg hinübergeht. Hochrufe auf das Zentralkomitee der Partei und seinen Generalsekretär ertönen auf dem Burghof.

Singegruppen der EOS "Adolf Reichwein" "und "Thomas Müntzer" entbieten Genossen Honecker einen stimmungsvollen Willkommensgruß. Mehrfach begrüßt er mit einem herzlichen Händedruck Schüler im Blauhemd,

Am Ende des Spaliers wendet sich der Generalsekretär dem Schalmeienorchester des BMK Chemie zu, das zu seiner Begrüßung aufspielt. "Wirklich eine ausgezeichnete Musik", sagt Genosse Honecker und bedankt sich mit Handschlag beim Orchesterleiter, dem Kraftfahrer Dietmar Körner. Tausende winken dem Generalsekretär zu: "Auf Wiedersehen, Genosse Honecker!"